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Der Herr der Zwiebelringe

Günther Birkenstock23. August 2004

Einfach kochen und essen - das ist out. Heutzutage werden Koch-Künstler zu Helden am Herd, brutzeln flott exotische Gerichte und das auch noch unterhaltsam. In der Kochschule von Stefan Dadarski kann man so etwas lernen.

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Lehrt auch Promis lustig kochen: <br>Stefan DadarskiBild: Stefan Dadarski

Der jüngste Trend scheint ein ganz alter zu sein: "Selber kochen, und zwar gut." Das schüttelt man freilich nicht so einfach aus dem Ärmel in die Bratpfanne. Das muss man lernen. Aber nicht wie einst der eifrige Küchenhandwerker mit überdimensionaler Schürze und verbissenem Blick, sondern zum Beispiel ganz locker in Stefan Dadarskis Kochschule in Berlin. "Es gibt inzwischen ja schon gut vorbereitete Sachen, frische Produkte", erklärt der Koch-Künstler. "Ich muss, wenn ich Hähnchenkeule essen will, nicht ein ganzes Hähnchen kaufen und das selber entbeinen. Ich brauch' mir nur eine ordentliche Marinade machen, ein bisschen Zucchini, Zwiebel etcetera." Und dann einfach in den Ofen damit.

Aus der Tüte kommt nichts Gutes

Jeff Gedmin zu Gast bei Stefan Dadarski
Stefan Dadarski hat auch den Leiter des Berliner Aspen-Instituts, Jeff Gedmin (links), am Herd weitergebildetBild: Stefan Dadarski

So spricht er, der Überzeugungstäter und Missionar in Sachen guter Geschmack. Wettert gegen künstliche Geschmacksverstärker, Zusatzstoffe, damit das Salz besser aus dem Streuer rieselt und vor allem gegen Sparen am falschen Ort. Der Convenience-Boom, also Vorgefertigtes aus Tüte und Tiefkühltruhe, ist ihm ein Graus. Junge Küchenstars wie er pfeifen auf die Etikette, nicht aber auf die Qualität. "Wir sind halt so als Deutsche, dass wir doch lieber mehr für unser Liebstes, das Auto, ausgeben, und dann die Salami kaufen, die bloß 59 Cent und nicht 1,29 Euro kostet pro hundert Gramm", klagt Dadarski. Geiz ist Geil. "Das passt genau da rein, und das ist ein ganz fürchterlicher Trend."

Zeitmangel ist da für den Berliner Kochlehrer kein Argument. "Wenn man ein paar Basics gelernt hat, wie man sich ein einfaches Essen zubereiten kann, dann schafft es jeder zu Hause in einer Viertelstunde mit ein bisschen Übung, sich was Leckeres zu machen."

Der mit dem Gemüse tanzt

BSE Kontrollen Wurst
Deutsche kaufen lieber billig statt lecker - das findet Stefan Dadarski schrecklichBild: AP

Gelernt hat Stefan Dadarski in vielen Küchen, von jüdisch-vegetarisch bis kalifornisch-panasiatisch. Dabei ist er gar kein ausgebildeter Koch: "Ich bin Musikwissenschaftler und habe dann so neben dem Studium angefangen zu kochen, weil ich Geld brauchte." Er erlebte eine ganz neue Welt in den riesengroßen Restaurantküchen, entdeckte Kokosmilch, Ingwer, Zitronengras und Wolfsbarsch - und brach sein Studium ab. Zum Leidwesen seiner Eltern.

Exotisch ist das meiste, was bei Stefan Dadarski auf den Tisch kommt, der für etwa 25 Koch-Elèven Platz bietet. Ein Stil, der sich als Crossover oder Fusion-Küche etabliert hat. Marinierter Tunfisch, Zitronengras-Vinaigrette und vor allem Gerichte mit Ingwer.

Soziale Kontakte zwischen Pfanne und Kühlschrank

Aber was auch immer die Küchenzeile passiert, es gilt: Nur keine Berührungsängste aufkommen lassen. Was zählt, ist der gemeinsame Spaß an der Sache. Der Koch spricht mit den Lernwilligen wie mit den Kumpels in der Kneipe, bleibt aber der Chef. Und der Zopf aus Rasta-Locken rundet das Erscheinungsbild vom jungen Küchenwilden ab.

Das kommt an bei Jung und Alt - er unterrichtet 17-Jährige, denen die Eltern einen Kochkurs schenken ("Du musst dich selber ernähren können"), er rührt auch mit weiterbildungswilligen Saucenfans. "Für die ist es teilweise auch ein Ersatz für das fehlende Sozialleben, dass die einfach sagen, ich gehe genauso zum Kochkurs, wie ich halt ins Theater oder ins Kino gehe", erklärt Dadarski.

Agent in kulinarischer Mission

Ein buntes Publikum also. Und damit die Jugend auch aus eigenen Stücken kommt, zahlen unter 21-Jährige nur die Hälfte. Gemietet werden Stefan Dadarskis Koch- und Unterhaltungskünste nicht nur von Firmen, die ihren Managern mal etwas Besonderes bieten wollen - sondern auch vom Goethe-Institut, das Deutschlehrern aus der ganzen Welt zeigt, was die Bundesrepublik kulinarisch so alles zu bieten hat, damit sie die Kunde vom neuen "Savoir-Vivre" in deutschen Küchen weitertragen. Schließlich gehört das oft zitierte Sauerkraut mit Eisbein in der Realität ja längst zur Folklore.