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Politik

"Dieser Hass beunruhigt schon sehr"

23. September 2017

Der Wahl-O-Mat ist für die Bundeszentrale für politische Bildung ein schöner Erfolg. Doch Behördenchef Thomas Krüger sorgt sich um die politische Stimmung in Deutschland vor der Bundestagswahl.

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Deutschland Symbobild Populismus
AfD-Anhänger auf einer Demonstration in BerlinBild: picture alliance/NurPhoto/M. Heine

Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, hat sich unmittelbar vor der Bundestagswahl besorgt über die hitzige Stimmung vor allem in Ostdeutschland geäußert. "Diese Wut und der Hass, der dieser Tage auf der Straße zu beobachten ist, beunruhigt mich schon sehr", sagte er der "Berliner Zeitung". Die Stimmung deute er "als Ausdruck von Demütigung und Ohnmacht".

Krüger, selbst ehemaliger DDR-Bürger, sagte, viele Ostdeutsche hätten den tiefen Bruch 1989/90 und in den Folgejahren bis heute nicht verkraftet. "Es sind neue Risse in der Gesellschaft entstanden. Die Erfahrung von Gemeinschaft werden immer weniger gemacht, obwohl sich die Menschen danach sehnen", sagte Krüger. Zwar werde die deutsche Einigung zu Recht als Erfolgsgeschichte erzählt. "Aber dieser Erfolg ist an denen, die da demonstrieren, häufig vorbeigegangen." Das löse Ängste und Wut aus. Mit Blick auf das Erstarken der AfD sagte Krüger: "Wir können nur hoffen, dass wir am Wahltag nicht unser blaues Wunder erleben." 

Thomas Krüger
Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas KrügerBild: picture-alliance/dpa/S.Simon

"AfD ist keine Gefahr für die Demokratie"

Der Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner, erwartet, dass sich die AfD nach ihrem Einzug in den Bundestag rasch zerstreitet. "Die AfD wird sich zerlegen, weil das bei sektiererischen Gruppen vom rechten Rand bisher immer so war", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Man sehe schon jetzt an den AfD-Abgeordneten in den Landtagen, dass sie nicht ordentliche Parlamentsarbeit leisteten, sondern eher Streit und Richtungskämpfe an der Tagesordnung seien.

Der Meinungsforscher sieht generell keine Gefahr für die Demokratie, wenn die AfD erstmals im Bundestag vertreten ist. "Es ist unerfreulich, aber keine Katastrophe, weil die Deutschen insgesamt als Demokraten gefestigt sind." Auch die NPD sei schon in den 1960er-Jahren in sieben der damaligen zehn Landtage vertreten gewesen, dann aber wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwunden.

Nutzerrekord für den Wahl-O-Mat

Der interaktive sogenannte Wahl-O-Mat hat vor der Bundestagswahl einen neuen Nutzerrekord aufgestellt. Das von der Bundeszentrale für politische Bildung entwickelte Internetangebot wurde bis Freitag 13,3 Millionen Mal genutzt. Damit sei der bisherige Stand von 13,27 Millionen Nutzungen vor der Wahl im Jahr 2013 übertroffen, erklärte die Bundeszentrale.

Der Wahl-O-Mat informiert Bürger über die politischen Positionen der zur Wahl zugelassenen Parteien und kann dazu genutzt werden, Übereinstimmungen mit den eigenen Auffassungen herauszufinden. Das im Netz oder per App verfügbare Programm richtet sich vor allem an junge Wähler und soll sie zur Stimmabgabe motivieren.

Kampf um jede Stimme – bis zur letzten Minute

Noch bis zum letzten Tag vor der Bundestagswahl werben die Parteien um unentschlossene Wähler. Die CDU-Spitzenkandidatin Merkel besucht ihren Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz spricht ganz im Westen, in Aachen, zu Anhängern und interessierten Bürgern. FDP-Chef Christian Lindner macht Station in Düsseldorf und Linken-Kandidat Dietmar Bartsch kommt nach Rostock. Die Grünen-Spitzenkandidaten Kathrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir sind weiter unterwegs auf einem 42-stündigen "Marathon" durch alle 16 Bundesländer. Merkel und ihre Union gehen mit Vorsprung in den Umfragen in die Bundestagswahl am Sonntag.

rb/as (afp, dpa, epd)