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Der große Run auf Afrika

Janusz Biene19. August 2008

Einst verlorener Kontinent - heute heftig umworben: In das Stelldichein der europäischen und asiatischen Staaten reiht sich nun auch die Türkei ein. Und macht der EU und China Konkurrenz.

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Recep Erdogan und Abdullah Gül (24.08.2007, Quelle: AP)
Suchen den Kontakt zu Afrika: Recep Erdogan (l.) und Abdullah Gül (Archivbild)Bild: AP

"Solidarität und Kooperation für eine gemeinsame Zukunft" lautet das Motto des ersten Türkei-Afrika-Gipfels, der am Montag (18.08.08) in Istanbul im Beisein von 49 afrikanischen Staats- und Regierungschefs eröffnet wird. Ziel sei, die historisch guten Beziehungen zuerst wiederherzustellen und in der Folge auszubauen, sagt der türkische Präsident Abdullah Gül.

Nach Einschätzung von Experten soll es auf dem Gipfeltreffen vor allem um die Wirtschaftsbeziehungen der Türkei und den afrikanischen Staaten gehen. Nach Angaben des türkischen Außenministeriums konnte das Handelsvolumen zwischen 2003 und 2007 von 5 auf 12 Milliarden Dollar gesteigert werden. In einer Pressemitteilung verkündete Ministerpräsident Recep Erdoğan, Ziel sei es, bis 2010 ein Handelsvolumen von 30 Milliarden Dollar zu erreichen.

Das Gipfeltreffen in Istanbul ist nicht das erste dieser Art. Überhaupt ist das Interesse an wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu Afrika nicht neu. In seinem Bestreben sieht sich die Türkei nun in einem Wettlauf mit Konkurrenten wie der Europäischen Union und China, um den Zugang zu Märkten und Rohstoffen auf dem afrikanischen Kontinent. "Es geht in erster Linie um Energie, Erdöl und Erdgas und weitere mineralische Rohstoffe, Uran, Edelmetalle, in zweiter Linie auch um natürliche Rohstoffe wie etwa Tropenholz", weiß Andreas Mehler, Direktor des GIGA Institut für Afrika-Studien um die Motivation des neuen wirtschaftlichen Engagements. Zentrale Akteure seien als Newcomer vor allem China, Japan und Indien, daneben aber auch USA und EU.

Die EU in Afrika: Enge Partnerschaft mit Hindernissen

Senegals Präsident Abdoulaye Wade(12.02.2007 ,Quelle: dpa),
Strikt gegen Freihandelsabkommen mit Europa: Senegals Präsident Abdoulaye WadeBild: PA/dpa

Die EU ist der Türkei schon um einiges voraus: Sie ist der bedeutendste Handelspartner Afrikas. Ihr wirtschaftliches Interesse liegt in erster Linie in der Erschließung neuer Märkte und der Sicherung des Zugangs zu den natürlichen Ressourcen Afrikas, insbesondere des Erdöls.

Auf dem EU-Afrika-Gipfel im Dezember 2007 scheiterte die EU mit dem Versuch diese Beziehung neu zu gestalten. Durch den Abschluss von Freihandelsabkommen, den so genannten Economic Partnership Agreements (EPAs), sollten die EU-Importbarrieren auf afrikanische Güter wegfallen und im Gegenzug die Afrikaner ihre Märkte öffnen. Die Vertreter der meisten afrikanischen Staaten verweigerten aber ihre Unterschrift, da sie die EPAs als entwicklungsfeindlich und ungerecht ablehnten. Für Afrika-Experte Mehler ist das nicht verwunderlich: "Die EPAs bringen nicht nur Vorteile für Afrika und sind in Afrika selbst kaum diskutiert worden." Außerdem gehe der Ansatz der EU an den Bedürfnissen der Afrikaner vorbei. Offiziell werde, so der Experte, ein Dialog auf Augenhöhe betrieben. "Aber die Frage ist, zwischen wem?" Schließlich sei die Politik der EU immer noch sehr eliteorientiert.

China entdeckt Afrika als Markt der Zukunft

Ölförderung im Niger Delta(19.03.2007, Quelle: dpa)
Unstillbarer Durst nach Öl treibt vor allem China nach AfrikaBild: picture-alliance/dpa

Von der EU argwöhnisch beäugt, hat auch China seinen Blick auf den afrikanischen Kontinent gerichtet. Nicht zuletzt aufgrund des Rohstoffreichtums vieler afrikanischer Staaten hat Peking ein wirtschaftliches und strategisches Interesse an der Vertiefung der Beziehungen zu Afrika. Das primäre Ziel ist, den schier unendlichen Durst der chinesischen Industrie nach Erdöl zu stillen. Darüber hinaus gehe es, so Mehler, aber auch darum neue Absatzmärkte für chinesische Produkte zu erschließen sowie das Prestige auf internationaler Ebene zu stärken.

Das Erfolgsrezept der chinesischen Afrikapolitik ist ihr Pragmatismus: "China scheint im Vergleich (zur EU) der einfachere Partner, schaut über alles hinweg", erklärt Mehler. Das Interesse liegt in der Vertiefung des Handels. Demokratie- und Menschenrechtsfragen werden mit Verweis auf die Souveränität der Partnerstaaten ausgeklammert. Das hat die Offenheit vieler afrikanischer Machthaber gegenüber Geschäften mit China bisher stets gefördert. Und die EU brüskiert.

Doch nach Einschätzung von Mehler könnte sich der Erfolg Chinas bald legen: "Schon jetzt gibt es die Angst, dass hier jemand in Sektoren konkurriert, die bislang den Afrikanern weitgehend vorbehalten geblieben sind." Ein Beispiel sei die Textilindustrie. Mittlerweile seien die afrikanischen Produzenten weitgehend von asiatischen Konkurrenten verdrängt worden. "Neben den willkommenen Investitionen gibt es so auch massive Ängste durch das verstärkte Engagement", so der Experte.

Gute Aussichten für die Türkei

Gegen die übermächtige Konkurrenz aus West und Fernost um die Gunst der Afrikaner wird sich die Türkei wohl nicht durchsetzen können. Dennoch winken wie im Fall Chinas internationales Prestige, eine größere Rohstoffsicherheit und wirtschaftliches Wachstum.