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Ganz normaler Wahnsinn

Christina Bergmann25. September 2007

In der Woche der Generalversammlung gleicht das UN-Hauptquartier einem Bienenschwarm. Aus über 140 Länder sind Vertreter angereist, Journalisten berichten in die ganze Welt. Die New Yorker nehmen den Trubel gelassen hin.

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Straßensperre
Bis hier und nicht weiter: Die Sicherheitsvorkehrungen sind hochBild: DW

Das Nations Cafe ist ein kleines Restaurant an der Ecke 49. Straße und 1st Avenue. Im Fenster stehen die Fahnen der Nationen der Welt in Miniaturausgabe, auf den Tischen ist die Weltkugel eingraviert – schließlich liegt das Gebäude der Vereinten Nationen direkt gegenüber. An den Tischen sitzen ältere Ehepaare, Geschäftsleute und viele Polizisten. Das Restaurant ist gut besucht – von dem Ausnahmezustand, der da draußen herrscht, ist wenig zu spüren.

Jedes Jahr das Gleiche

schwer gesicherter Eingang zum UN-Gebäude, Quelle: Deutsche Welle
Zu Fuß kommt man schneller hin als mit dem Taxi - der Eingang zum UN-GebäudeBild: DW

Mike, der Eigentümer, sagt, die Vollversammlung sei gut fürs Geschäft – obwohl die üblichen Stammgäste teilweise fernblieben. Er ist früh gekommen und hatte deswegen keine Probleme.

"Das hier ist ganz normal, ich bin daran gewöhnt." Jedes Jahr sehe er die gleichen Sicherheitsleute und die machten auch alles wie immer. Der allgemeinen Annahme, dieses Jahr seien die sie besonders streng, widerspricht er: "Am schärfsten waren die Sicherheitsvorkehrungen nach dem 11. September 2001. Das hier ist ganz normal für dieses Ereignis."

Normal, das heißt, dass um das UN-Gebäude herum gar nichts mehr geht. Die 1st Avenue, die direkt davor entlanggeht, ist komplett abgesperrt, mit großen Lastern und Straßensperren, die aus dem Boden fahren. Viele Polizisten stehen an jeder Ecke, auf den Dächern, überall. Auch die Zufahrtsstraßen sind abgesperrt. Entweder mit blauen Holzbalken oder mit Metallgittern. Zusätzlich sollen weiße Betonblöcke auf der Straße und dem Bürgersteig Amokfahrten verhindern. Schwarze Limousinen und SUVs prägen das Straßenbild, dazu die Männer in den Anzügen mit dem Knopf im Ohr. Sie haben die Herrschaft übernommen.

Nicht alle Wege führen zum Ziel

Minh Chau auf der Protestmeile, Quelle: Deutsche Welle
Minh Chau ist gegen die UN-Mitgliedschaft VietnamsBild: DW

Wer in das UN-Gebäude hinein möchte, muss Umwege im Kauf nehmen. Taxi und Auto zu benutzen, sagen die Erfahrenen, ist völlig sinnlos. Da braucht man für einen Kilometer schon mal eine dreiviertel Stunde. Besser ist U-Bahn-Fahren oder Laufen. Aber auch so führen nicht alle Wege zum Ziel.

Wer in die 47. Straße abbiegt, ist direkt in der Protestmeile gelandet. Hier treffen sich Anti-Ahmadinedschad-Aktivisten mit Pro-Israel-Demonstranten. Minh Chau aus Toronto ist aus einem anderen Grund da: "Wir wollen die Welt darauf aufmerksam machen, dass wir die Mitgliedschaft von Vietnam in den Vereinten Nationen nicht unterstützen. Solange es nicht wirkliche Demokratie in Vietnam gibt", dürfe ein solches Regime nicht Mitglied der Vereinten Nationen sein, sagt Chau. "Das ist nicht angemessen."

Eine Welt für sich

Vietnam-Demonstranten in der 47. Straße, Quelle: Deutsche Welle
Von den Protesten draußen bekommen die Politiker nichts mitBild: DW

Doch die Politiker in dem UN-Gebäude bekommen davon nichts mit. Wer den Weg gefunden und die Sicherheitsüberprüfung hinter sich gelassen hat, taucht im UN-Gebäude in eine Welt für sich. Die Wege sind lang und verwirrend, aber jeder scheint genau zu wissen, wohin er will. Es kann schon sein, dass einem auf dem Weg zum Pressebüro der UN-Generalsekretär entgegenkommt. Ins Gespräch vertieft, von zwei Sicherheitsleuten begleitet. Niemand nimmt Notiz.

Draußen, in der näheren Umgebung herrscht weiter Ausnahmezustand. Doch die Passanten nehmen es gelassen. Eine junge Frau will ein weinendes Kind in den Kindergarten bringen – ein Polist erklärt ihr, dass sie einen großen Umweg gehen muss. Sie lächelt, zuckt mit den Schultern und macht kehrt. Das geschehe jedes Jahr und wenn man in dieser Gegend wohne, sei man mehr oder weniger daran gewohnt, sagt eine ältere Frau. "Aber es ist schon ziemlich unbequem, soviel steht fest."

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