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Der Fußball regiert

Jens Thurau20. Juni 2008

Also gut - ein bisschen war politisch was los in Berlin in dieser Woche. Aber nicht genug um ganz nach vorne zu kommen, in die Schlagzeilen und auf die Titelseiten. Denn da regiert - na wer wohl? Der Fußball natürlich.

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Bild: DW
Jens Thurau

Die Bundeskanzlerin zum Beispiel ist vergangenen Montag (16.06.) mit sechs (!) Kabinettsmitgliedern im Schlepptau zum Spiel gegen Österreich nach Wien geflogen. Und hat auf ihre ganz eigene Art dabei wieder ein paar Punkte gesammelt. Erst einmal unterhielt sie sich mit dem deutschen Mittelfeldstar Bastian Schweinsteiger, der gesperrt war und auf der Ehrentribüne Platz genommen hatte. Und sie unterhielt sich sehr angeregt mit dem 23 Jahre alten Sunnyboy, so angeregt, dass Deutschlands große Zeitung mit den großen Schlagzeilen tags drauf ganz unverblümt fragte, was denn da laufe zwischen Angela und Schweini.

Und dann geriet die Kanzlerin fast ohne eigenes Dazutun quasi in den Mittelpunkt des Geschehens (so wie ihr es ja auch in ihrer politischen Karriere ab und an passiert ist - nach oben gedrängelt und geschubst hat sie sich jedenfalls nicht gerade). Sie geriet also in den Mittelpunkt des Geschehens, als Bundestrainer Löw auf die Tribüne verbannt wurde und neben ihr Platz nahm. Da war sie ganz interessierte Zuhörerin des wild gestikulierenden, aufgebrachten Übungsleiters. Für was diese Frau mittlerweile so alles zuständig ist - und wie sie sich unverkrampft freuen kann, wenn die Deutschen am Ende gewinnen ....

Spezielle Beziehungen

Die gab es öfters schon - diese ganz speziellen Beziehungen der Fußball-Bundestrainer- und Spieler zu den Bundeskanzlern. Helmut Kohl etwa hat Berti Vogts oft so gelobt (und wurde zurückgelobt), dass man glauben konnte, er würde dem Bundestrainer einen Job in seinem Kabinett anbieten wollen. Beide, Vogts und Kohl, verloren ihren Job 1998 - da kam Gerhard Schröder an die Macht - und verbat sich bald jede Kritik an seinem Freund Rudi Völler.

Was aber an beiden so gestört hat - an Kohl und Schröder - , war ja, dass sie so taten, als könnten sie tatsächlich helfen, als wüssten sie auch im Fußball Bescheid. Das tut Angela Merkel nicht. Sie freut sich, wenn ihre Jungs gewinnen - aber sie drängt sich nicht auf.

So wird ihr ein Kommentar erspart bleiben, wie der, den Ex-Nationalspieler Mehmet Scholl parat hatte, als er gefragt wurde, wie es denn war, als Helmut Kohl nach dem Europameisterschaftssieg 1996 in die Kabine kam, um ein wenig vom Glanz der Sieger abzubekommen. Scholl sagt nämlich nur kurz: "Es war vor allem eng.“