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Der Feind des Feindes

Peter Philipp1. August 2004

"Der Feind meines Feindes muss mein Freund sein“ – Nach dieser Devise scheinen die Vereinigten Staaten im Fall der exil-iranischen "Volksmujahedin“ vorzugehen.

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Unterstützung für die iranischen VolksmujahedinBild: AP

Die iranischen "Volksmujahedin" im Irak sind Teil einer marxistischen und islamistischen Widerstandsbewegung, die unter Präsident Clinton von der Regierung in Washington auf die Liste der Terror-Organisationen gesetzt, nun aber im Irak unter den besonderen Schutz der US-Besatzung gestellt wurde. Nach eingehender Prüfung kam Washington zu dem Schluss, dass die Mujahedin im Irak sich keinerlei Angriffe auf amerikanische Ziele haben zu Schulden kommen lassen und dass sie deswegen laut Genfer Konvention als "geschützte Personen“ zu gelten haben.

Spannungen zwischen Teheran und Washington

Dieser Beschluss hat nicht nur neue Spannungen zwischen Teheran und Washington ausgelöst, er ist auch an sich voller Widersprüche und gibt Raum zu weiten Spekulationen: So kommt die Schutzerklärung fast einen Monat nach der offiziellen Übertragung der Souveränität an eine irakische Übergangsregierung. Indem Washington trotzdem die Vierte Genfer Konvention heranzieht, gesteht es offiziell ein, dass der Irak weiterhin unter Besatzung steht.

Delikater ist jedoch die unterschiedliche Einstufung der Mujahedin: So gibt es keine Anzeichen dafür, dass die USA beabsichtigen, die Einstufung der Organisation als "terroristisch“ aufzuheben. Wenn man diese Definition gleichzeitig aber nicht auf jene militärischen Einheiten der Mujahedin ausdehnt, die seit 1986 unter dem besonderen Schutz Saddam Husseins im Lager Ashraf (nordöstlich von Bagdad) stationiert sind, lässt dies darauf schließen, dass Washington sich diese Leute als mögliche Verbündete für einen künftigen Konflikt mit dem Iran "warm halten“ will.

Mujahedin sind nicht beliebt

Iran Revolution Jahrestag Demonstration in Teheran Frauen
25 Jahre iranische Revolution: Noch sind die Verstimmungen zwischen Iran und USA nicht beseitigt.Bild: AP

Und die Definition, diese Mujahedin hätten nichts gegen die USA unternommen und seien deswegen "schützenswert“, ist mehr als schwach: Seit einem Vierteljahrhundert sind keine Fälle bekannt, in denen Anhänger der Volksmujahedin etwas gegen die USA unternommen hätten. Sie haben aber Anschläge im Iran durchgeführt: Bomben gelegt und Raketen geschossen – Taten, die durchaus in die Kategorie "Terrorismus“ passen.

Die Mujahedin sind deswegen im Iran keineswegs beliebt, selbst nicht unter Gegnern der Mullahs. Diese tragen der Organisation auch nach, dass sie zunächst mit Khomeini zusammen gearbeitet und sich durch einigen Extremismus hervorgetan hatte, bis sie dann in Ungnade fiel und vom Regime unerbittlich verfolgt wurde. Viele ihrer Anhänger kamen um, andere flohen ins Ausland. Sie sind seitdem vor allem in Paris organisiert, mit Filialen in diversen Ländern – darunter auch in Deutschland. Und im Irak Saddams.

Mullahs lesen Zeitung in Qom
Mudjahedin: auch bei den Mullahs nicht beliebtBild: AP

Iran bleibt Feind Nummer Eins

Als die US-Streitkräfte auf das Lager Ashraf vorstießen, kam es erst zu einigen Kämpfen, dann wurde aber eine Waffenruhe vereinbart. Zumindest die schweren Waffen wurden konfisziert und der Status der knapp 4000 Mann starken Truppe wurde untersucht – mit dem jetzt bekannt geworden Ergebnis.

In Teheran haben offizielle Stellen längst die Auslieferung der Mujahedin gefordert – so, wie Washington die Auslieferung von "Al Qaida“-Mitgliedern aus dem Iran verlangt hat. Im Fall der Mujahedin dürfte solches kaum geschehen: Die Definition als "geschützte Personen“ schützt sie unter anderem vor Ausweisung.

Grund genug für Teheran, Washington Unaufrichtigkeit im Umgang mit dem Terrorismus vorzuwerfen. Von der irakischen Übergangsregierung schließlich ist kaum eine andere Haltung als die der USA zu erwarten. Wegen der unveränderten Abhängigkeit von Washington, aber auch wegen unveränderter Animosität gegenüber Teheran: Der Iran, so versicherte Verteidigungsminister Hazem al-Shaalan, bleibe "Feind Nummer Eins“.