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Der Favorit heißt Rafsandschani

Peter Philipp, zurzeit Teheran17. Juni 2005

Bei den Präsidentschaftswahlen im Iran hat der frühere Präsident Ali Akbar Haschemi Rafsandschani die besten Chancen auf den Sieg. Überraschungen sind jedoch selbst im Iran nicht ausgeschlossen.

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Will nochmals Staatsoberhaupt werden: RafsandschaniBild: dpa

Die rund 48 Millionen Stimmberechtigten im Iran haben am Freitag (17.6.05) die Auswahl zwischen sieben Kandidaten. Der reformorientierte Chatami kann nach zwei aufeinander folgenden Amtszeiten kein drittes Mal antreten. Ungewiss ist, ob einer der Kandidaten die für den ersten Wahlgang erforderliche absolute Mehrheit erringen wird. Möglicherweise muss eine Stichwahl über das Ergebnis entscheiden.

Die meisten Stimmen dürfte Ali Akbar Haschemi Rafsandschani erhalten, darüber herrschte kurz vor dem Wahltag breiter Konsensus in Teheran. Obwohl "Herr Haschemi" - wie der ehemalige Präsident (von 1989 bis 1997) sich in den Wahlkampfsendungen des Fernsehens anreden lässt - nicht sonderlich populär ist in der iranischen Öffentlichkeit, scheinen sich doch viele für ihn entschieden zu haben.

Seine Anhänger sehen in Rafsandschani einen konservativen Pragmatiker, der mächtig genug ist, dringend notwendige Reformen auf den Weg zu bringen. Dabei handelt es sich um Reformen vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet, denn genau das erwarten die Iraner, die unter hoher Arbeits- und Perspektivlosigkeit leiden.

Annäherung an die USA

Sie erhoffen sich eine Verbesserung der Wirtschaftslage und - damit einhergehend - der internationalen Beziehungen. Vor allem geht es ihnen um eine erneute Annäherung an die Vereinigten Staaten, die seit der islamischen Revolution als Feind Nummer eins behandelt werden.

Iran Wahlen
Wahlplakate im Vorfeld der PräsidentschaftswahlenBild: AP

Rafsandschani lässt keine Gelegenheit aus, sich als der geeignete Mann für diese Aufgaben zu präsentieren. Er habe genug Erfahrung und Standhaftigkeit und er sei auch der einzige, der das leidige Atom-Problem lösen könne. Darüber hinaus diskutiert er freimütig über Vorwürfe, er sei korrupt und habe sich im Amt bereichert. Gleichzeitig lässt er immer wieder einfließen, dass er seit 50 Jahren "die besten Beziehungen" zum Obersten Führer des Landes, Ayatollah Ali Chamenei, habe.

Rafsandschani werden knapp 30 Prozent der Wählerstimmen prognostiziert. Die nächsten beiden Favoriten liegen etwa zehn Prozent niedriger, der Rest der sieben Kandidaten dürfte nicht einmal auf zehn Prozent kommen.

Starker Mann und Schreckgespinst

Ein scharfer Konkurrent Rafsandschanis dürfte Mohammed-Bagher Ghalibaf sein, der ehemalige Polizeichef von Teheran. Der elegante Mittvierziger gilt als erzkonservativ, gleichzeitig aber auch als "Mann der Tat". Er hat die Polizei reformiert und setzt sich auch selbst immer wieder mal an den Steuerknüppel von Iranair-Flugzeugen, um seine Pilotenlizenz nicht zu verlieren.

Große politische Aussagen sind von ihm nicht bekannt, nicht einmal, wer ihm denn eigentlich zu seinem aufwändigen Wahlkampf verhilft. Aber er gilt als Favorit des Obersten Führers Chamenei, und er soll die Unterstützung der Sicherheitskräfte genießen. "Dr. Ghalibaf", wie es auf den Plakaten heißt, brauchte es nicht auszusprechen, aber die Anschläge nur Tage vor der Wahl lassen bei manchen Iranern den Wunsch aufkommen nach einem "starken Mann". Für andere Iraner ist genau dies ein Schreckgespenst.

Das Gegenteil von Ghalibaf scheint Mostafa Moein zu sein, ehemaliger Bildungsminister des bisherigen Präsidenten Mohammed Chatami. Er wirkt eher farblos und es gelingt ihm auch nicht, die Massen zu mobilisieren. Dabei hat Moein immerhin den Mut gehabt, einige der Grundübel der iranischen Gesellschaft beim Namen zu nennen. Unter anderem, dass es parallele Autoritäten gebe - und dass demokratische Mehrheiten von diesen unterlaufen und torpediert werden.

Es ist davon auszugehen, dass die Wahlbeteiligung niedrig sein wird. Offizielle Kreise werben deswegen seit Wochen, man solle zur Wahl gehen: eine niedrige Beteiligung werde im Ausland als Ablehnung des Systems missverstanden. Sollte die Beteiligung nun doch über den bisherigen Prognosen liegen, dann muss das nicht ein Zeichen der Einsicht sein, sondern ebenso gut eins für Furcht vor Repressalien.