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NSU-Prozess: "Dann wurde alles dunkel"

5. Juni 2014

Im Münchner NSU-Prozess geht es nun um das Attentat in Köln im Jahre 2001. Das Gericht erlebte eine beeindruckende Zeugenaussage des Opfers - eine Deutsch-Iranerin, die den Anschlag fast mit ihrem Leben bezahlte.

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Polizisten nach dem Terroranschlag der NSU in Köln 2001 (foto: dpa)
Bild: dpa

Die Sekunden, die ihr Leben für immer verändern sollten, schildert die Deutsch-Iranerin kurz und präzise. "Da war ein lauter Knall, helles Licht, dann wurde alles dunkel", erzählt die heute 32-jährige im Prozess um die deutsche Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU). In beeindruckend klaren Worten beschreibt sie, wie sie den Sprengstoffanschlag am 19. Januar 2001 schwer verletzt überlebte.

Die Kölnerin ist neben einem Heilbronner Polizisten das zweite Opfer, das einen Anschlag des NSU-Terrortrios überlebte und nun vor dem Oberlandesgericht in München aussagt.

Sie war damals 19 Jahre alt und stand kurz vor dem Abitur. Die junge Frau berichtete am Mittwoch, wie sie in dem kleinen Laden ihres iranischen Vaters in der Kölner Probsteigasse nichtsahnend eine Christstollendose öffnete und dadurch die Bombe zur Explosion brachte. Die Dose sollen Uwe Mundlos oder Uwe Böhnhardt schon Wochen zuvor in dem Geschäft zurückgelassen haben. In einem Video hat sich der NSU zu der Tat bekannt.

Das Gericht hörte mehrere Ärzte der Frau, die von teils bleibenden Folgeschäden berichteten. Auffällig war die Reaktion der Hauptangeklagten Beate Zschäpe. Sie folgte den Aussagen der Zeugin reglos und verbarg immer wieder ihr Gesicht in den Händen.

Neugier wird ihr zum Verhängnis

Am Tag der Explosion vor jetzt 13 Jahren habe sie unbedingt wissen wollen, was sich in der Dose befindet, erklärte die Frau. "Ich bin hingegangen, habe die Dose leicht aufgemacht und darin eine blaue Camping-Gasflasche gesehen". Sie habe noch gedacht: "komisches Weihnachtsgeschenk", die Dose wieder verschlossen und sich gebückt, um etwas aufzuheben. Genau da kam es zur Detonation.

Die Frau überlebt, aber die Stichflamme hat Gesicht und Unterarme schwer verbrannt, in ihrem Kiefer sitzen viele Splitter. Mehrere Mediziner berichteten im Zeugenstand, wie sie die Frau noch Jahre später therapierten. Einer schilderte, er habe in der Gesichtshaut eingebrannte Überreste des Schwarzpulvers mit Laserbehandlungen entfernt. Ein anderer, er habe der Frau mehrere Holzsplitter über der Oberlippe entfernt. Mehrfach musste sie an den Ohren operiert werden, weil die Detonation beide Trommelfelle zerstörte. Es gab unzählige Operationen und Behandlungen - doch die Narben blieben.

Erinnern an zweiten Anschlag in Köln

Nach dem Attentat auf den iranischen Laden dürfte in Kürze auch der Nagelbombenanschlag in der Keupstraße in Köln im Jahre 2004 Thema im NSU-Prozess sein. Zehn Jahre danach wird in diesen Tagen in der Stadt am Rhein mit einem multikulturellen Begegnungsfest, Konzerten und einem Theaterstück Flagge gezeigt gegen Rechtsextremismus und Ausländerhass, um "das Vergessen zu verhindern".

SC/sti ( dpa, epd)