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Der Einsatz von Musik bei der Behandlung von Autismus

23. Dezember 2013

Dazu ein Gespräch mit Dr. Isabel Dziobek, Neuropsychologin, Freie Universität Berlin.

https://p.dw.com/p/183VJ

DW:
Isabel Dziobek ist Psychologin an der Freien Universität in Berlin und beschäftigt sich mit: Synchronisation von Gehirnen.

Man kann sozusagen auf dieselbe Wellenlänge kommen. Könnten wir das in diesem Gespräch jetzt auch erreichen?


ID:
Ja, ich denke schon. Eigentlich gehen wir prinzipiell davon aus, dass eine Synchronisation von Gehirnwellen in jeder Art von Interaktion stattfindet. Wenn wir unsere Bewegungen zum Beispiel koordinieren, wenn wir miteinander sprechen, wenn wir uns umarmen, musizieren, kann man davon ausgehen.

Wovon hängt die Intensität, wie gut so etwas klappt, ab?

Das hängt mit Sicherheit von der Empathiefähigkeit ab, die die Person mitbringt. Das kann eine relativ basale motorische Empathiefähigkeit sein. Das heißt, wie gut schwingen Sie sich körperlich auf eine andere Person ein. Das fokusieren wir derzeit in unseren Studien. Aber auch wie gut Sie Emotionen nachempfinden, mit einer anderen Person mitfühlen können, ist mit Sicherheit wichtig.

Hat die Wissenschaft heute bereits eine Vorstellung davon, was dabei im Gehirn tatsächlich passiert, wenn ich Ihre Bewegung übernehme?

Es gibt erste Ansätze. Wobei man sagen muss, dass sich das Musizieren sehr viel besser anbietet, um so etwas zu untersuchen, als zum Beispiel komplexe Bewegungsabläufe im Sport. Denn Methoden wie EEG (Elektroenzephalografie – Messung der Gehirnströme) oder die Kernspintomographie sind sehr anfällig für Bewegungsartefakte. Das heißt man muss ganz still sitzen oder liegen. Aber es gibt Anfänge, dass vor allen Dingen, beim Musizieren die Gehirne synchron schwingen.

Wobei man da nur sieht, dass die Wellen im Gehirn ähnlich sind. Hat man auch von den zugrunde liegenden Prozessen eine Idee?


Noch nicht wirklich. Das zu sehen, ist der erste Schritt. Besonders spannend ist, dass es nicht nur passiert, weil die Leute das Gleiche hören und die gleichen ähnlichen Bewegungen machen, sondern, diese Momenten, wenn ein Stück neu beginnt, oder eine Sequenz neu beginnt, tatsächlich etwas übergeordnetes Soziales sind.

Nun nutzen Sie die Synchronisierung von Gehirnen um mit Autisten zu arbeiten. Was ist das besondere an Autisten?

Autismus ist eine Interaktionsstörung im Kern. Es beginnt schon in der frühen Kindheit. Menschen mit Autismus haben Probleme mit Empathie, also mit dem Erkennen, was andere Menschen fühlen und denken. Sie haben aber gleichzeitig auch Störungen der Imitation. Das heißt auf der Bewegungsebene ist es schwierig andere Menschen nachzuvollziehen. Wir glauben, dass es da eine Verbindung gibt und deswegen trainieren wir bei Menschen mit Autismus die Synchronisationsfähigkeit auf einer körperlichen Ebene.

Und wie machen Sie das?

Mit einem Testverfahren, das wir entwickelt haben. Die sogenannte Bewegungsprofilanalyse. Ein Proband mit Autismus, der eingeladen wird, tanzende Schwünge zu machen. Ganz so wie er das gerne möchte. Dann betritt eine Tänzerin und Choreografin die Szene, die ein vorgegebenes Programm tanzt und teilweise auch Bewegungsangebote an den Probanden macht. Wir analysieren im Nachhinein ob die Bewegungsabläufe der Person mit Autismus sich angleichen, ob die Person synchronisiert.

Ist es ist eine Methode um Autisten zu helfen?

Das ist erstmal nur ein Test, um zu schauen wie gut jemand synchronisiert. Wir setzen diesen Test vor und nach unserem Training ein und dann gucken wir, ob sich was in der Art der Synchronisierung geändert hat. Da sehen wir, dass Menschen, nachdem sie durch diese Intervention gegangen sind, sich mehr zu anderen synchronisieren.

Das bedeutet, Sie können das auch schon in das Alltagsleben mit hinüber retten?

Das ist eine Frage, die wir uns gerade noch stellen. Wir haben natürlich auch Testverfahren eingesetzt, um zu gucken, ob auf der psychologischen Ebene etwas ankommt. Das heißt, ob das Mitfühlen sich zum Beispiel ändert gegenüber anderen Leuten. Da sind die Ergebnisse noch nicht so eindeutig.

Haben Sie vielen Dank, Frau Dziobek.

(Interview: Ingolf Baur)