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Der Cosmopolit der Metal-Szene

Das Interview führte Marc Zeugner 26. Mai 2004

Das soll eine Band aus Brasilien sein?! Max Cavalera und seine Band Soulfly räumen auf mit Worldmusic-Klischees. DW-WORLD traf den eigenwilligen Musiker während seiner Welttournee in Köln.

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Seine Musik gibt reichlich Futter für Hirn, Seele, Beine und NackenmuskelnBild: presse


Bis Mitte der 1990er-Jahre war Max Cavalera Brüll-Beauftragter bei Sepultura, Brasiliens Nu-Metal-Exportschlager. Auch mit seiner aktuellen Band Soulfly verschmilzt Cavalera die Extreme zwischen Metal und Worldmusic. Schon Sepultura wollten nichts mit dem "Girl-from-Ipanema"-Image zu tun haben, trotzdem hat diese Band Verknüpfungen mit der populären Musik aus Brasilien gefunden. Das ist zu hören und zu sehen: Sie singen zwar englisch, sind auf der Bühne aber lustvoller und relaxter als ihre West-Kollegen. Die Musiker tragen bunte Klamotten und nicht das genreübliche Schwarz.

Soulfly CD Cover Prophecy
Das Cover des vierten Soulfly-Albums "Prophecy"

Mit ihrem vierten Album "Prophecy" ist Soulfly derzeit auf Welttournee. DW-WORLD sprach mit Max Cavalera über die Tour, die Band, eine außergewöhnliche Reise und seine Ideen von Musik. Im Kölner Renaissance-Hotel stand ein etwas verschlafener Rockstar Rede und Antwort.

DW-WORLD: Haben die deutschen Fans irgendetwas spezielles, was sie von anderen unterscheidet, zum Beispiel in Sachen Feedback und "Abgehen"?

MAX CAVALERA: Jeder Ort hat seine Eigenheiten und klar existieren Unterschiede, aber der Großteil der Personen, die unsere Musik mögen ist überall recht ähnlich. Ich denke nur, dass Soulfly sich in einem Punkt von anderen Bands unterscheidet. Zu uns kommen verschiedene Arten von Leuten: Du hast die Metal Typen, die auf die härtere Schiene stehen, Hardcore Leute, ein paar aus der Punk-Ecke á la Dead Kennedys und die, die zum "neueren" Publikum gehören und auch auf Nu Metal abfahren. Es gestaltet sich ziemlich gemixt.

Das neue Album "Prophecy" wurde mit Marc Rizzo, Joe Nunez, Dave Ellefson und Bobby Burns aufgenommen. Joe Nunez kehrte für die Aufnahmen zur Band zurück. Ist die Band und ihre Umgebung für dich so etwas wie eine Familie, Leute gehen und kommen wieder nach Hause?

Soulfly ist etwas anders. Es ist kein Projekt, wie viele glauben, aber eben anders. Ich denke die einzige in diesem Zusammenhang ähnlich Band sind die Queens of the Stone Age. Sie ändern die Besetzung mit jeder Platte und nur der Kern bleibt fix. Das ist sehr ähnlich zu Soulfly. Ich finde es cool, die Band zu verändern. Man erhält einen neuen Sound und neue Einflüsse. Und ich schreibe die Songs, also geht nichts von der Originalität verloren.

"Prophecy" hat verschiedene Einflüsse, Experimental, Dub und auch World Music. War das eine Idee, die du schon immer hattest oder ist sie während der Arbeiten zur Platte aufgekommen?

Nein, die Idee Metal mit Reggae oder Dub zu mischen hatte ich bereits zu Sepultura-Zeiten als wir schon ein Bob-Marley-Cover verwendeten. Das war ziemlich cool und ich fand dieses "Abenteuer" damals schon super. Vorher hatten The Clash und die Bad Brains ihren Sound mit Reggae gemixt, aber mit Metal hatte dies noch niemand getan. Es war auch nicht einfach, da sich viele Leute, mit denen ich gespielt habe, diesen Musikstil ums Verrecken nicht angehört haben, geschweige denn spielen wollten. Ich konnte es lange nicht aus ihnen herausholen. Als ich mit "Prophecy" angefangen habe, lernte ich Eyesburn kennen, eine serbische Band, die sehr viele Dub und Reggae Einflüsse auf ihrer Platte haben.

Du bist für eine Woche nach Serbien gereist, um dort zu arbeiten. Gibt es einen speziellen Grund, warum du dir dafür Serbien ausgesucht hast, irgendeine alte Verbindung?

Ja, die gibt es, auch wenn das noch weiter recherchiert werden müsste. Meine Familie kommt aus Italien, aber vor dieser Zeit ist meine Ur–Ur-Oma aus Jugoslawien nach Italien emigriert. Aber generell war es eher Zufall dorthin zu reisen. Ich bin in Belgrad aufgetreten, habe Leute kennen gelernt und es kam die Idee mit Zigeunern und einem Musikprofessor aus Belgrad Musik zu machen. Mit Flöten und anderen Instrumenten diesen Typs …

... und sie haben teilweise ziemlich exotische Instrumente benutzt, oder?

Ja, und einige von ihnen sind berühmt in Serbien und der Professor hat sogar ein paar Fernsehauftritte vorzuweisen.

Wenn ich mich nicht irre, ist auf jedem Soulfly-Album mindestens ein portugiesisch-sprachiger Song aufgenommen. Ist es eine Art Tradition oder eher Hommage an deine Heimat Brasilien?

Ich glaube, es ist ein Teil von Soulfly. Es ist cool, mit solch einer Tradition weiterzumachen und die Fans lieben es. Als ich einmal ein Interview mit Bruce Dickinson hatte, dem Sänger von Iron Maiden, hat er mir gesagt, dass sein Lieblingssong "Brasil" wäre, der sich auf dem dritten Soulfly-Album befindet. Ich mag es, wie der Sound der Sprache rüberkommt. Also habe ich die Tradition weitergeführt. Und jetzt auf "Prophecy" ist es "Porrada". Der Song ist im Hardcore Stil, sehr schnell, und den Text habe ich in 5 Sekunden runter geschrieben. Es sind eigentlich nur aneinander gereihte Schimpfwörter.

Gibt es während der Europa Tour einen Gig auf den du dich besonders freust?

Ja, ein Festival in Griechenland zur Zeit der Olympiade und vor allem das Download Festival in Donington mit 70.000 Leuten. Ein weiteres Festival wird in Serbien stattfinden, etwas bizarr. Wir spielen mit Eyesburn und den Pet Shop Boys …

Bitte?! Ein Scherz?

Dachte ich auch zuerst. Ich habe noch keine Ahnung, wie das ablaufen soll. Egal, zum Schreien witzig ist es definitiv.

Mit welcher Band würdest du noch unbedingt auftreten wollen?

Ich glaube, wir haben schon fast mit allen gespielt. Mit Metallica noch nicht, aber das kommt jetzt während der Tour. Außerdem würde ich gerne mal auf Festivals mit Santana oder Peter Gabriel spielen, mal was anderes.

Abgesehen von Musik, was hat einen großen Stellenwert in deinem Leben?

Familie, Klettern und Fußball natürlich.

... wie für den Großteil aller Brasilianer.

Ja, ich mag es sehr. Während meiner Touren habe ich schon über 300 Trikots gesammelt.

Was wäre deine Position?

Stürmer. Die Nummer 9 oder 11. Man muss Tore schießen!

Brasilianer eben, oder?

So sieht's aus.