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Der Ballack in uns

Stefan Nestler21. November 2008

Das Fußball-Länderspiel Deutschland gegen England hat es allen vor Augen geführt. Probleme löst man nicht, indem man in die Hände spuckt, sondern indem man sich aufs Sofa setzt.

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Blonder Mann sitzt mit Chips, Bier und Fußball auf dem Sofa. Quelle: picture alliance/chromorange
Mach´ es wie Ballack!Bild: picture alliance/chromorange

Ergeht es nicht vielen von uns so wie Michael Ballack? Am Arbeitsplatz tummeln sich zunehmend die "Düsen". Jene jungen Emporkömmlinge, die wie gedopt umherwirbeln, ständig, auch ungefragt das Wort ergreifen, in jeder Situation Wind machen und fürchterlich wichtig daherkommen. Sie wollen uns um die Beute bringen, die wir selbst in unzähligen Auseinandersetzungen mühsam zusammengetragen haben. Wir stürzen uns erneut in den Clinch, doch die Jahre haben ihre Spuren hinterlassen. Wir sind dünnhäutiger geworden, uns gehen schneller die Nerven durch, wir sind weniger belastbar, ganz zu schweigen von den vielen Zipperlein. Wir können ihn nur verlieren, den Kampf gegen unsere designierten Nachfolger.

Böse Syndesmose

John Terry und Matthew Upson jubeln über das 1:0 gegen England. Quelle: ap
"Düsen" geht die Luft aus.Bild: AP

Dachten wir jedenfalls, bis zum letzten Mittwoch. Jetzt machen wir es so wie Ballack. Vor dem nächsten, wieder einmal ungeheuer wichtigen, unaufschiebbaren, richtungweisenden Workshop suchen wir einen befreundeten Orthopäden auf. Der bescheinigt uns – sagen wir - eine Ruptur der distalen tibio-fibularen Syndesmose. Wir schieben dann noch mit ernster Miene hinterher, dass ein hohes Risiko einer posttraumatischen Inkongruenzarthrose bestehe. Deshalb die Krankmeldung, strengste Ruhe sei vorgeschrieben, mit der Folge, dass wir zu unserem größten Bedauern nicht am Workshop teilnehmen könnten. Wie Ballack beim Länderspiel gegen England machen wir es uns nun auf dem heimischen Sofa bequem und frönen dem Müßiggang.

Rückkehr der alten Schlachtrösser

Derweil stoßen sich beim Workshop die Jungspunde der Marke Rolfes, Jones oder Compper die Hörner ab und verlassen geschlagen das Schlachtfeld. Und schon erhebt sich der Ruf: "Mit unseren erfahrenen Kräften wäre das nicht passiert!" Wir zieren uns noch ein wenig und verweisen auf die ärztlich verordnete Ruhepause. Eine Woche später aber stehen wir plötzlich wieder auf der Matte. Eine wundersame Heilung, dank einer neuen, bisher kaum eingesetzten Therapie, die, davon sind wir überzeugt, unseren Orthopäden weltberühmt machen wird. "Gut, dass Sie wieder da sind! Wir haben sie schmerzlich vermisst", schallt es von allen Seiten. Und als Dankeschön für unsere nun wieder geschätzte Arbeit werden wir mit einer Reise zur Fußball-WM 2010 nach Südafrika beschenkt.