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Der andere Besuch

Eckhard Tollkühn23. Mai 2002

Präsident Bush in Europa. Das Thema des Tages. Was bisher kaum auffiel, auch Gattin Laura und Tochter Jenna weilten auf dem "alten Kontinent". Zum Programm der First Lady und Daughter Eckhard Tollkühn in Washington.

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Dass die Amerikaner keine Kulturbanausen sind, das sollte die First Lady beweisen. Auch sie ist in Europa zu Besuch, nur sah man sie kaum an der Seite des Gatten. Erst in Berlin stieß Laura Bush auf die offizielle Reisegruppe um den Präsidenten. Die Woche vorher verbreitete sie texanischen Charme in Paris, Budapest und Prag. In ihrem Gefolge 15 Bedienstete, vom Redenschreiber bis zum Haarstylisten. Eine Kulturbotschafterin der USA, eine Good-Will-Tour ohne Stahlzölle, Kriegspläne oder Kyoto-Protokoll. Politik spielte kaum eine Rolle bei diesem Alternativprogramm. Eine bewußte Arbeitsteilung des "ersten Ehepaares". Laura sieht im Louvre überzeugender aus als "W", äußerte sogar ein Beamter aus der Entourage des Präsidenten. Das gleiche gilt für die "Madame Butterfly"-Aufführung in der Budapester Staatsoper, die die First Lady sichtlich genoß, trotz des italienischen Librettos und ungarischer Untertitel. Als käme sie selbst aus dem Land des Lächelns, strahlte sich die eher schüchterne Staatsdame durch die Menschenmengen, gab Marathon-Interviews und hielt Reden zur Kindererziehung, sie, die beim Amtsantritt ihres Mannes noch gelobte, nie eine Rede zu halten. In einem Budapester Krankenhaus spendete sie krebskranken Patienten Trost und überreichte ihnen einen Bildband mit dem Titel "America" und der Widmung: "Mit den besten Wünschen, Laura Bush."

Bei Radio Free Europe in Prag hauchte sie "Bah Shooma Ahst" ins Mikrofon, das ist Farsi und heißt "Amerika ist mit Euch". Eine Botschaft an die afghanische Bevölkerung, die eigentlich Dari und Pashtu spricht. "Farsi sei o.k., weil eng mit den anderen beiden Sprachen verwandt, so wurde der Ehrengast am Mikrofon beraten.

Sie selbst gab Ratschläge in Berlin. Angesprochen auf die Demonstranten, meinte Laura: "Sie sollten ihre Energien lieber dazu verwenden, anderen zu helfen."

Was kaum auffiel, bei ihrem Besuch wurde die frühere Lehrerin von ihrer Tochter Jenna begleitet. Die 20jährige Studentin aus Austin, Texas scheut noch mehr als ihre Mutter das Rampenlicht. Kein Wunder, vor allem in Paris machten Paparazzi Treibjagd auf sie. Im Gegensatz zum abstinenten Daddy ist sie dem Akohol nicht abgeneigt und bedient sich gefälschter Ausweise, um als Trink-Minderjährige an den Stoff heranzukommen. Da die First Daughter nicht zum Futter für die europäische Boulevardpresse werden sollte, liess sich der Secret Service was einfallen. "Twinkle", so ihr offizieller Code-Name, stieg stets früher als die Mama aus dem Flieger, als noch keine Presse zugelassen war. In der Oper sitzt sie sie in der letzten Logenreihe. Beim Dinner nicht neben der Mama, sondern ganz hinten. Beim Abspielen der Nationalhymne versteckt sie sich hinter der Band. Bei offiziellen Anlässen mit ihrer Mutter wurden die Fotografen angewiesen, ihre Objektive nur auf die First Lady zu richten.

Als Laura gefragt wurde, ob sich Jenna, denn nun schon an das Promi-Leben gewöhnt habe, meinte die Mutter schmunzelnd: "No, sie mag ihr Bild nicht in der Zeitung sehen, deshalb meidet sie die Presse."

Jenna flog nach der Familienzusammenführung in Berlin wieder nach Texas. Den weiteren Teil der Europareise bestreiten George "W" und Laura, Seite an Seite, ohne die pressescheue Tochter.