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Pleite für Peronisten

29. Juni 2009

Herbe Niederlage für die Regierungspartei von Präsidentin Cristina Kirchner: Bei den Kongresswahlen in Argentinien verlor sie in beiden Parlamentskammern ihre Mehrheit.

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Die argentinische Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner (Foto: AP)
Verliererin der Wahlen: die argentinische Präsidentin Cristina Fernandez de KirchnerBild: AP

Zwar blieb die Peronistische Partei von Präsidentin Cristina Kirchner landesweit stärkste Kraft, verlor aber in beiden Häusern des Kongresses die Mehrheit. Verheerend ist zudem die Niederlage von Kirchners Mann Nestor: In seinem Wahlkreis in der Provinz Buenos Aires kam er nur auf rund 32 Prozent der Stimmen, wie die Wahlkommission am Montag (29.06.2009) mitteilte.

"Normale Abnutzung einer jeweiligen Regierung"

Wichtiger Wahlsieg für den konservativen Kandidaten Francisco De Narvaez in der Provinz Buenos Aires (Foto: AP)
Der konservative Kandidat Francisco De Narvaez gewinnt in der Provinz Buenos AiresBild: AP

Damit lag der Ex-Präsident auf dem zweiten Platz hinter seinem Kontrahenten, dem reichen Geschäftsmann Francisco De Narvaez vom konservativen Wahlbündnis Union Pro. Er erhielt mehr als 34 Prozent. Das Ergebnis ist besonders bedeutsam, weil allein in der Provinz Buenos Aires etwa 40 Prozent der Wahlberechtigten registriert sind.

Nestor Kirchner räumte nach längerem Schweigen inzwischen seine Niederlage ein. Der Ex-Präsident, der 2007 das Amt an seine Frau weitergegeben hatte, führte die Verluste auf "die normale Abnutzung einer jeweiligen Regierung" zurück. "Wir haben nur knapp verloren", sagte der Ex-Präsident vor Anhängern in der Hauptstadt.

De Narvaez hatte dagegen den "Sieg" von Unión Pro schon Stunden zuvor gefeiert und kündigte eine konstruktive Opposition an. "Ich hoffe, dass die Präsidentin versteht, dass es viele oppositionelle Politiker gibt, die mit ihr zusammen für dieses Land arbeiten wollen", sagte er.

Schwere Verluste auch in anderen Provinzen

Auch in anderen wichtigen Provinzen wie Santa Fé, Córdoba, Entre Ríos, Mendoza und sogar in ihrer Heimatprovinz Santa Cruz erlitt Cristina Kirchner schwere Verluste. In der Hauptstadt Buenos Aires selbst, die einen eigenen Wahlbezirk bildet, kam die Unión Pro-Kandidatin Gabriela Michetti auf mehr als 30 Prozent. Das waren etwa 20 Prozentpunkte mehr als der Kirchner-Kandidat Carlos Heller, der somit weit abgeschlagen auf Platz vier landete. Überraschend gut schnitt hier auch der Filmemacher Pino Solanas ab. Sein Mitte-Linksbündnis "Projekt Süden" kam auf rund 24 Prozent der Stimmen und landete damit in der Hauptstadt auf Platz zwei. Landesweit konnte sich das Wahlbündnis Acuerdo Cívico als zweite Kraft etablieren. Es ist in der politischen Mitte angesiedelt.

Kirchner für Wirtschaftskurs abgestraft

Die argentinische Präsidentin und ihr Mann und Amtsvorgänger Nestor Kirchner im Wahlkampf (Foto: AP)
Die argentinische Präsidentin und ihr Mann (r.) im WahlkampfBild: AP

Als Hauptgrund für die Einbußen der Peronisten gilt die Wirtschaftspolitik der Regierung in der Rezession. Kritiker werfen der Präsidentin vor, die Rolle des Staates zu sehr auszuweiten und für zunehmende Bürokratie und Missmanagement verantwortlich zu sein. Bestimmende Themen der Wahl waren außerdem die Kriminalitäts- und Inflationsbekämpfung in der drittgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas.

Gestützt auf die Mehrheiten der Peronistischen Partei im Abgeordnetenhaus und im Senat hatte Kirchner eine auf Verstaatlichungen und Industrialisierungen setzende Wirtschaftspolitik verfolgt. In der Finanzkrise sind in Argentinien jedoch die marktliberalen Kräfte erstarkt. Die Wirtschaft des Landes wird in diesem Jahr voraussichtlich um 1,5 Prozent schrumpfen. Zudem befinden sich die Beliebtheitswerte der Präsidentin nach einer Steuererhöhung auf Soja-Exporte im Sinkflug. Sie kam zuletzt nur noch auf rund 30 Prozent Zustimmung. Kirchner hatte die eigentlich erst im Oktober fällige Wahl wegen der Wirtschaftskrise vorverlegt.

Test für die Präsidentenwahl?

Politische Beobachter wie der Meinungsforscher Rosendo Fraga gehen davon aus, dass die Präsidentin sich nun wohl kompromissbereiter als bisher verhalten muss. Das politische Panorama während ihrer zwei verbleibenden Amtsjahre sei wesentlich komplizierter geworden. Bei der Abstimmung am Sonntag waren rund 28 Millionen Stimmberechtigte aufgerufen, die Hälfte der 257 Abgeordneten und ein Drittel der 72 Senatsmitglieder zu wählen. In Argentinien herrscht Wahlpflicht.

Die Zwischenwahlen gelten als Stimmungsbarometer für die Präsidentenwahl 2011, bei der Nestor Kirchner, der Chef der Peronistischen Partei, voraussichtlich wieder kandidieren wird. Allerdings haben nach Ansicht des Meinungsforschers Fraga nun auch andere Politiker nach ihren Wahlerfolgen bessere Chancen, bei der Präsidentenwahl anzutreten. Vor allem um Ausgleich bemühte, gemäßigte Politiker wie Carlos Reutemann (Santa Fé), Julio Cobos (Córdoba) und Mauricio Macri sieht der Meinungsforscher gestärkt. (heb/kle/mag/ap/rtr/afp/dpa/epd/)