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Den Ernstfall proben

Simon Young6. März 2003

Die US-Militärs bereiten sich auf einen möglichen Einsatz irakischer ABC-Waffen vor. Auch Simon Young hat an einem Kurs der Bundeswehr teilgenommen, aber nicht als Soldat, sondern als möglicher DW-TV-Reporter im Irak.

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Auch Kriegsberichterstatter üben den Umgang mit SchutzmaskenBild: AP

"Haben Sie jetzt das Gefühl, dass Sie im Ernstfall eine Chance hätten?" Mit dieser Frage fixierte mich der Kommandeur der ABC-und Selbstschutzschule der Bundeswehr in Sonthofen. Dort wurde ich vor einigen Wochen, wie viele andere Reporter in den vergangenen Monaten, über die besonderen Risiken der sogenannten Massenvernichtungswaffen informiert. Uns allen, die sich vielleicht schon bald in den Irak aufmachen, wurde gezeigt, wie gering die Überlebenschancen sind, wenn man zum Beispiel mit VX in direkten Kontakt kommt. Der Weg von Bagdad zur notwendigen medizinischen Behandlung wäre wahrscheinlich einfach zu weit. Ich überlegte daher noch kurz meine Antwort.

Schutz vor Waffen, die es nicht gibt?

Eines der Hauptprobleme für Journalisten, die versuchen wollen, über den wahrscheinlichen Krieg im Irak zu berichten, stellen jene Massenvernichtungswaffen dar, die viele Politiker im Irak vermuten und die dieser schließlich auch einsetzen könnte. Wenn Saddam Hussein über einsatzfähige chemische oder biologische Waffen verfügt, wäre deren Einsatz nach Experteneinschätzung zu erwarten, mit welchem Ziel auch immer. Das wenigstens würde die Debatte "Hat er die Waffen oder hat er sie nicht?" beenden.

Wie viel geistiger und materieller Vorbereitung bedarf es, um die Sicherheit von Journalisten weitgehend zu gewährleisten? Die Deutsche Welle, wie viele andere Medienorganisationen auch, geht davon aus, dass das Risiko zu bewältigen ist. Schutzanzüge aus Tyvek - einem reißfesten, undurchlässigen Material - wurden an das Reporterteam verteilt. Da wurde mir plötzlich bewusst, was es bedeuten würde, mit einem solchen Angriff konfrontiert zu sein.

Soldaten sind nicht gelb

Die Anzüge sind in grellem Gelb, so dass man mich nicht mit einem Soldaten verwechseln soll. Dann bleibt nur noch zu hoffen, dass niemand bewusst auf westliche Journalisten zielt. Ich bin mir nicht absolut sicher, dass ich das Ding schnell genug anziehen und abdichten könnte. Und die Gasmaske fühlt sich nie absolut richtig passend an. Ein Kollege, der gerade aus Bagdad zurückgekehrt ist, sagt sowieso voraus, dass im Notfall jeder, der eine funktionierende Schutzmaske hat, von den Einheimischen überfallen werde! Derart wirre Szenarien liefen mir durch den Kopf, als ich nach einer Antwort auf die Frage des Bundeswehr-Offiziers suchte.

Ich - als Brite - habe nie Wehrdienst geleistet. Nicht mal eine militärische Grundausbildung habe ich durchgemacht, geschweige denn irgendetwas mit Krieg zu tun gehabt. Krieg löst bei mir gewiss keinen positiven Reiz aus. Aber im Rahmen unserer Möglichkeiten können und sollten wir über den Krieg und die Folgen berichten.

Habe ich eine Chance? "Ja, ich glaube schon", sagte ich dem Oberstleutnant. Unwillkürlich suchte ich in seinen Augen nach einer Bestätigung. Aber er schaute mich nur an und sagte nichts.