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Den Austausch von Studierenden ermöglichen

Tim Wiese26. November 2013

Ideen, Musik, andere Sichtweisen: Karl Heinz Kienitz hat viel aus Deutschland in seine Heimat Brasilien mitgenommen. Stipen- dien haben ihn mehr geprägt, als er erwartet hätte. Das gibt er auch an seine Studenten weiter.

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Karl Heinz Kienitz in einer Vorlesung an seinem Heimatinstitut "Instituto Tecnológico de Aeronáutica" (ITA) in Brasilien (Foto: privat)
Karl Heinz Kienitz in seinem Heimatinstitut in São José dos CamposBild: privat

Der Professor für Regelungstechnik lächelt, wenn er auf seine besondere Verbindung zu Deutschland angesprochen wird, denn er pflegt enge Kontakte zu Wissenschaftlern in diesem Land. Gerade forscht er zusammen mit einem deutschen Kollegen an der TU Berlin an Formationsflügen. Denn wenn ein Flugzeug hinter einem anderen herfliegt, verbraucht es weniger Treibstoff. Dabei kommt es aber auf den richtigen Abstand zwischen den Maschinen an, sonst kann die sogenannte Wirbelschleppe hinter einem Flugzeug sogar richtig gefährlich werden. Karl Heinz Kienitz versucht, das Problem zusammen mit dem Kollegen von der TU zu lösen. Aber nicht nur sein aktuelles Forschungsprojekt verbindet ihn mit Deutschland.

Ein echter Humboldtianer

Eigentlich lebt der Regelungstechniker in Brasilien, wo er auch geboren wurde. Schon dreimal hat ihn ein Forschungsstipendium der Humboldt-Stiftung nach Deutschland geführt. Um das zu bekommen, muss man sich mit seinen Arbeiten auf internationalem Parkett einen Namen gemacht haben. Rund 2400 Bewerber reichen jährlich ihre Unterlagen ein; nur ein Drittel davon wird in den Kreis der "Humboldtianer", der Stipendiaten und Preisträger, aufgenommen.

Karl Heinz Kienitz, Experte des ITA aus Brasilien (Foto: DW/Tim Wiese) Das Instituto Tecnológico de Aeronáutica (ITA) oder Institut für Luft- und Raumfahrttechnik ist eine Einrichtung zur Ausbildung und Forschung mit dem Schwerpunkt der Luft- und Raumfahrttechnik. Das ITA ist eine staatliche Bildungseinrichtung, die von der brasilianischen Luftwaffe unterstützt wird. Sie befindet sich in São José dos Campos im Bundesstaat Sao Paulo in Brasilien.
Ein Brasilianer in BerlinBild: Tim Wiese

Kienitz ist eine Koryphäe in seinem Bereich. In Deutschland hat er nicht nur sein Fachwissen erweitert; die Aufenthalte haben ihn auch sonst geprägt. "Er ist schon eher ein exakter Typ, der pünktlich ist. Das haben wir von den Deutschen", erklärt seine Frau und lacht. Sie hat ihn jedes Mal zusammen mit den beiden Kindern begleitet. Das erste Mal 1996, als ihr Mann für ein Jahr am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen forschte.

Im Land seiner Vorfahren

Karl Heinz Kienitz besitzt deutsche Wurzeln, seinen Namen hat er vom Vater. Auch die Eltern seiner Mutter waren Deutsche. In seinem Geburtsort São Paulo besuchte der junge Karl Heinz zwar eine deutsche Schule, doch einen richtigen Eindruck von Kultur und Lebensart hier bekam er erst bei seinen Forschungsaufenthalten. "Ich habe viel in Büchern gelesen, aber dass Deutschland ein so modernes Land ist, war mir nicht bewusst", gibt er zu. Das ausgebaute Nahverkehrsnetz, die moderne Stadtentwicklung und die schicken Läden faszinieren den Brasilianer.

Die deutsche Kultur hat es dem Professor ebenfalls angetan. Gerade Berlin sei für einen Klassikfan wie ihn ein Paradies, sagt er. Das verwundert bei dem großen Angebot an Konzerten und Opern in der Hauptstadt nicht. So sehr der Südamerikaner die Musik hier liebt, an den Umgangston im Alltag musste er sich erst gewöhnen. "In Deutschland klingt alles schroffer als in Brasilien, doch trotzdem haben die Deutschen Herz", meint Kienitz mit einem Augenzwinkern. Es sei kein Problem gewesen, Freundschaften zu schließen. Viele davon bestehen schon seit seinem ersten Aufenthalt vor über 16 Jahren.

In der Heimat der Vorfahren

Neue Impulse

Als Wissenschaftler trifft der Brasilianer im Land seiner Großeltern auf perfekte Bedingungen. Die Forschung sei hier besser organisiert als in seiner Heimat. "In Brasilien werden Mittel zugesagt und dann sehr oft wieder gestrichen. In Deutschland ist auch die Infrastruktur der Institute viel besser", beschreibt er die Unterschiede zwischen den Ländern. Durch seine Aufenthalte hat sich Karl Heinz Kienitz ein wissenschaftliches Netzwerk geschaffen. Das nutzt er auch für seine Studenten vom Instituto Tecnológico de Aeronáutica in Brasilien.

Mehr als 30 von ihnen hat er bereits für Praktika nach Deutschland geschickt. Einige haben hier sogar gleich ihre Diplomarbeit geschrieben. Einer seiner Doktoranden war gerade zum Austausch an der TU in Berlin. Dort konnte er auf Einladung eines Wissenschaftlers arbeiten, den Kienitz bei seinem Forschungsaufenthalt in Oberpfaffenhofen kennengelernt hatte und der mittlerweile Professor in Berlin ist. Die Studenten seien von ihren Erfahrungen in Deutschland begeistert, sagt Kienitz: "Sie schätzen, dass sie in Deutschland so viele praktische Erfahrungen sammeln können." An den Instituten hier werde sehr konkret und lösungsorientiert gearbeitet - mehr als in seiner Heimat.

Karl Heinz Kienitz, Experte des ITA aus Brasilien, und seine Frau Doris beim Empfang der Alexander-von-Humboldt-Stiftung im Januar 2013 (Foto: DW/Tim Wiese)
Karl Heinz Kienitz reist immer mit Frau und Kindern anBild: Tim Wiese

Eine besondere Verbindung

Auch Karl Heinz Kienitz selber kommt immer wieder gerne nach Deutschland zurück. Sein Netzwerk wächst ständig. Mittlerweile konnte der Professor schon deutsch-brasilianische Symposien organisieren. Einer seiner Kontakte vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt ist gerade als Professor nach Hamburg gewechselt, so dass Kienitz und seine Studenten auch dort sehr willkommen sind. Aus seiner Zeit in Deutschland ergäben sich immer neue Ansätze und Publikationen. "Das erklärt wahrscheinlich auch meine besondere Verbindung zu Deutschland", schmunzelt der Wissenschaftler.