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Demonstranten in Belarus müssen ins Gefängnis

28. April 2005

Die belarussische Polizei hat am 26. April in Minsk eine Protestaktion gewaltsam aufgelöst. 20 Demonstranten sind bereits in Haft, auch russische und ukrainische Staatsbürger. Moskau und Kiew reagieren unterschiedlich.

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Sondergruppen der Polizei gingen brutal gegen Demonstranten vorBild: AP

Am 19. Jahrestag der Havarie im Atomkraftwerk Tschernobyl haben etwa 1000 Gegner des Regimes des belarussischen Präsidenten Aleksandr Lukaschenko eine nicht genehmigte Protestkundgebung veranstaltet. An ihr beteiligten sich auch russische und ukrainische Staatsbürger. Bei den Zusammenstößen mit den Sonderpolizei-Einheiten (OMON) am Dienstagabend (26.4.) wurden etwa 30 Demonstranten festgenommen. Ihnen wurde vorgeworfen, gegen die öffentliche Ordnung verstoßen zu haben. Augenzeugen berichteten, als erste seien die ukrainischen und russischen Demonstranten brutal verprügelt und festgenommen worden.

Haftstrafen auch gegen Journalisten

Etwa 20 Personen wurden inzwischen zu Haftstrafen verurteilt. Der Vorsitzende der Jungen Front, Dmitrij Daschkewitsch, erhielt eine Haftstrafe von 12 Tagen, der Aktivist dieser Organisation, Pawel Lissitschow, und der Führer der russischen Bewegung Russland ohne Putin, Wadim Reswij, jeweils zehn Tage. Die Vorsitzende des Minsker Ortsverbandes der belarussischen Vereinigten Bürgerpartei, Marija Bogdanowitsch, wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von umgerechnet 1500 US-Dollar verurteilt. Unter den Verurteilten befinden sich auch zwei russische Journalisten. Zehn Tage im Gefängnis wird der Korrespondent der Moskauer Zeitung Komsomolez, Michail Romanow, verbringen. Acht Tage hinter Gitter muss sein Kollege von der russischen Ausgabe der Zeitschrift Newsweek, Aleksandr Ometow. Auch fünf Vertreter der ukrainischen Organisation Nationale Allianz und insgesamt 13 Mitglieder der Jugendorganisationen der russischen Parteien Jaboloko und SPS sowie der Bewegung Russland ohne Putin wurden festgenommen. Sie hatten versucht, Präsident Lukaschenko eine Petition zu überreichen, mit der Forderung, der Beseitigung der Folgen des Unfalls im AKW-Tschernobyl mehr Aufmerksamkeit zu widmen.

Kiew: Verstoß gegen internationales Recht

Das Außenministerium der Ukraine richtete am Mittwoch (27.4.) an Minsk eine Protestnote, in der wegen der Festnahme ukrainischer Staatsbürger tiefe Besorgnis geäußert wird. In der Note heißt es, der Botschaft der Ukraine in Minsk sei ein Treffen mit den Festgenommenen verwehrt worden, was gegen die Wiener Konvention über Konsularbeziehungen verstoße.

Der erste Stellvertretende Außenminister der Ukraine, Anton Butejko, sagte der Deutschen Welle: "Die Verhaftung von Menschen in einer solchen Situation ist ganz klar ein Verstoß gegen das internationale Recht, was die Bürgerrechte angeht." Er fügte hinzu, das Gericht habe die Urteile gesprochen, ohne den ukrainischen Staatsbürgern die Möglichkeit auf Verteidigung gegeben zu haben. Butejko betonte, die Ereignisse bestätigten die von der UNO geäußerte und von der Ukraine unterstützte Kritik an der Menschenrechtslage in Belarus. "Wir sind besorgt, dass unsere Befürchtungen, was die Menschenrechtsverstöße in Belarus betrifft, heute bestätigt werden. Wir haben das an dem konkreten Fall der ukrainischen Staatsbürger gesehen. Das beunruhigt, da die Ukraine die Menschenrechte und deren Schutz zu einer Priorität der Innenpolitik erklärt hat, was sich auch in den Positionen der Außenpolitik widerspiegelt. Aber wir beabsichtigen nicht, uns in die inneren Angelegenheiten von Staaten wie Belarus einzumischen", erklärte Butejko.

Moskau: Zwischenfall belanglos

Der Vertreter der russischen Botschaft in Minsk, Aleksandr Frolow, sagte der Deutschen Welle, derzeit lägen keine offiziellen Informationen der Gericht vor und für ihn seien keine Verstöße gegen die Rechte russischer Staatsbürger zu erkennen. Er sagte: "Die Sonderpolizei-Einheiten (OMON) gehen überall gleich vor, effektiv und hart." Auf die Frage, ob der Zwischenfall sich auf die Beziehungen zwischen Minsk und Moskau auswirken werde, sagte Frolow: "Ich denke, das ist so belanglos, dass es sich auf eine so große und wichtige Sache wie die russisch-belarussischen Beziehungen einfach nicht auswirken kann."

Lesya Yurchenko, Jurij Salisnjak, Wladimir Dorochow
DW-RADIO/Ukrainisch, DW-RADIO/Russisch, 27.4.2005, Fokus Ost-Südost