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Delle im Geschäft

Hilke Fischer14. Mai 2014

Die politische Unsicherheit beeinträchtigt Russlands Wirtschaft. Das bekommen auch deutsche Unternehmen zu spüren: Viele Firmen müssen Umsatzeinbrüche hinnehmen oder Investitionen zurückfahren.

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Deutsche Mähdrescher in Russland Foto: dpa
Bild: picture-alliance/dpa

Claas ist stolz auf seine lange Tradition in Russland: Seit Ende der 1980er Jahre ist der deutsche Landmaschinenhersteller dort aktiv, seit zehn Jahren hat das Unternehmen im südrussischen Krasnodar eine eigene Fabrik. Gerade erst hatte Claas sich entschieden, die Produktion von Mähdreschern und Traktoren in Krasnodar zu verdoppeln - und steckt mehr als 100 Millionen Euro in den Standort. Doch im Moment laufen die Geschäfte nicht so gut. Unternehmenssprecher Wolfram Eberhard will keine genauen Zahlen nennen, nur soviel: "Die derzeitige Stagnation im Geschäft mit Russland und der Ukraine wird sicherlich auch Auswirkungen auf unseren Geschäftsverlauf in diesem Jahr haben."

Die politischen Verwerfungen mit Russland sind in der deutschen Wirtschaft angekommen. Eine Umfrage der deutschen Außenhandelskammer in Moskau zeigt: 61 Prozent der befragten Unternehmen spüren bereits, dass sich die politischen Krise auf ihr Tagesgeschäft auswirkt, ein Drittel der Unternehmen gab an, dass die Umsätze zurückgegangen seien. Russland ist das viertwichtigste Abnehmerland für deutsche Maschinen: Die Exporte haben ein jährliches Volumen von 7,8 Milliarden Euro. Dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) zufolge gingen die Exporte nach Russland im Januar und Februar dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr um 19 Prozent zurück.

"Made in Germany" wird zu teuer

Die Ausfuhren werden aber nicht erst seit der Ukraine-Krise weniger: Mit der russischen Wirtschaft geht es schon seit einer Weile bergab. Im vergangenen Jahr hat der Rubel fast ein Fünftel seines Wertes eingebüßt - im Zuge der Krise beschleunigte sich die Talfahrt. Kredite werden teurer, Investitionen aufgeschoben, "made in Germany" ist kaum noch bezahlbar.

So sanken etwa die Erlöse des deutschen Arzneimittel-Herstellers Stada in Russland, dem zweitgrößten Markt des Unternehmens, um 13 Prozent. Der Autobauer VW verkaufte im April weit weniger Autos in Russland als im Jahr davor. Wegen der schwachen russischen Währung fiel auch der Umsatz des Sportartikel-Herstellers Adidas im ersten Quartal 2014.

Metro-Filiale Russland
Metro-Filiale in Russland: Teil-Börsengang vorerst auf Eis gelegtBild: picture-alliance/dpa

Viele deutsche Unternehmen sind aber auch verunsichert: Aus Sorge, dass sich der Konflikt weiter zuspitzt, zögern sie Investitionen hinaus. Der Lebensmittelkonzern Kühne etwa plant, im Großraum Moskau eine Lebensmittelfabrik zu bauen. Der Baubeginn ist jetzt um bis zu ein Jahr nach hinten verschoben worden - obwohl das Grundstück bereits gekauft, die Genehmigungen bereits erteilt wurden.

Der Handelskonzern Metro legt den geplanten Teil-Börsengang des Russlandgeschäfts von Cash & Carry vorläufig auf Eis. Das Unternehmen halte an den Plänen für eine Börsennotiz von METRO Cash & Carry Russland fest, heißt es von einem Sprecher. "Wir haben jedoch stets betont, dass wir für einen solchen Schritt die richtigen Kapitalmarktbedingungen benötigen. Vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Entwicklungen ist dies derzeit nicht der Fall."

Folgen für Deutschland sind überschaubar

Rund 6000 deutsche Firmen sind dem DIHK zufolge in Russland aktiv. Für die großen Dax-Konzerne ist Russland allerdings nur ein Markt von vielen - die Auswirkungen des Ukraine-Konflikts halten sich also in Grenzen. "Das Russlandgeschäft ist wichtig und es ist eines der in den letzten Jahren am schnellsten und am stärksten wachsenden Geschäften gewesen, aber es ist nicht überwältigend groß", sagt Tobias Baumann, Russland-Experte beim DIHK. Rund drei Prozent aller deutschen Exporte gingen nach Russland. Die Folgen einer möglichen Rezession des Landes wären für Deutschland überschaubar: Nach Modellrechnungen der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute hätte ein Einbruch der russischen Wirtschaft von vier Prozent zur Folge, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt um bis zu 0,3 Prozent schrumpfen würde. Das wäre zwar unerfreulich - aber durchaus zu verkraften.

Kleineren Unternehmen hingegen, die viel in Russland investiert haben, könnte eine Verschärfung der politischen Krise an die Existenz gehen. Das Handtuch werfen möchte aber kaum jemand: "Die meisten Unternehmen halten an ihren lang- und mittelfristigen Planungen fest", fasst Monika Hollacher vom VDMA eine Umfrage unter deutschen Maschinenbauern zusammen.

Claas-Fabrik in Russland Foto: Claas
Claas-Werk Krasnodar: Produktion soll verdoppelt werdenBild: CLAAS

So auch der Landmaschinenhersteller Claas: Die politische Krise sei kein Grund, die laufende 100-Millionen-Euro-Investition in Russland zurückzufahren, sagt Unternehmenssprecher Eberhard: "Es gibt immer kurzfristige Krisen und Risiken. Aber als Familienunternehmen denken wir natürlich deutlich über den heutigen Tag und das Morgen hinaus." Die Investition in eine Fabrik sei immer sehr langfristig geplant - und die Chancen und Perspektiven im russischen Markt seien es auch: "Die Notwendigkeit, die russische Landwirtschaft zu modernisieren, ist weiterhin gegeben."