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Debatte über die Unabhängigkeit der ungarischen Justiz

14. Januar 2002

– Besorgnis über manche Erscheinungen im Justizwesen geäußert

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Budapest, 14.1.2002, PESTER LLOYD, deutsch

Der Landesverband der Staatsanwälte, die Ungarische Anwaltskammer und die Budapester Anwaltskammer haben in einer gemeinsamen Erklärung ihrer Besorgnis über gewisse Erscheinungen Ausdruck verliehen, "die die Unabhängigkeit der Justiz als selbständige Säule der Macht gefährden können". Als eine solche Erscheinung bezeichneten sie in ihrer ungewöhnlichen Stellungnahme parlamentarische Interpellationen an den Obersten Staatsanwalt in Fachfragen oder auch die Einflussnahme der Regierung auf die Budgets der Gerichte, darunter auf die (verschobene) Einrichtung der Tafelgerichte, die zur Entlastung der Justiz auf regionaler Ebene agieren sollten. Pál Solt, Vorsitzender des Obersten Gerichts, wies das Papier zurück.

Justizministerin Ibolya Dávid äußerte, sie wolle auf eine derartig anspruchslose Erklärung nicht antworten.

Eine Reaktion erfolgte jedoch prompt: András Hegedûs, Vorsitzender des Landesverbandes der Staatsanwälte, wurde von seiner Position als leitender Staatsanwalt abberufen. Die Maßnahme wurde damit begründet, dass er öffentlich zu einer politischen Frage Stellung bezogen habe, was mit seiner Position unvereinbar sei.

Sowohl Hegedûs als auch führende Anwälte betonten, dass es sich bei der Erklärung nicht um eine politische Stellungnahme gegen die Regierung handelte, man wollte vielmehr aufgrund allgemeiner Besorgnis auf manche Erscheinungen im Justizwesen aufmerksam machen. Sowohl die erwähnten Interpellationen als auch Stellungnahmen von manchen Anwälten und Polizeibeamten sowie Veröffentlichungen in den Medien trügen dazu bei, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die unabhängige Justiz gefährdet werde; es könne der Eindruck entstehen, dass die Gerichte und Staatsanwälte beeinflusst werden können, so Hegedûs. (fp)