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Entspannung in der Flüchtlingskrise

Kay-Alexander Scholz, Berlin8. Juli 2016

Der Bundesinnenminister gab in Berlin die Zahlen der Flüchtlinge und Asylantragssteller für das erste Halbjahr 2016 bekannt. Deutschland habe die Lage im Griff, aber Flüchtlinge kommen weiterhin ins Land.

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Innenminster Thomas de Maiziere und Frank-Jürgen Weise (Foto: dpa)
Innenminster Thomas de Maizière (r.) und Frank-Jürgen Weise vom Bundesamt für MigrationBild: picture-alliance/dpa/K. D. Gabbert

Die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, sei insgesamt noch immer hoch, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maiziere bei der Vorstellung der Asylzahlen für das erste Halbjahr 2016. Wie im Mai auch kamen im Juni rund 16.000 Flüchtlinge ins Land. Allerdings sind das weit weniger als noch im Januar, als es rund 90.000 Flüchtlinge gab.

Insgesamt sind seit Jahresbeginn laut Innenministerium rund 220.000 Flüchtlinge nach Deutschland gekommen - obwohl die Westbalkan-Route "geschlossen" sei, die Zahl der Flüchtlinge nach dem EU-Türkei-Deal zurückgegangen sei und auch die so genannte zentrale Mittelmeer-Route für Deutschland nicht mehr so relevant wie zuvor sei. Italien verhalte sich inzwischen korrekt, so De Maiziere, und leite die vor allem aus Libyen ankommenden Flüchtlingen nicht mehr einfach in andere Länder weiter.

Flüchtlinge (Foto: Getty Images/AFP)
Nur noch kleine Flüchtlingsgruppen schaffen es nach Europa - hier sind sie auf Kreta angekommenBild: Getty Images/AFP

Die meisten Flüchtlinge nach Deutschland kämen aktuell in kleinen Gruppen, die von Schleusern nach Deutschland gebracht würden, erläuterte De Maiziere. Steigende Zahlen gebe es an der Grenze zur Schweiz, aber auch zu Polen, wo zunehmend Tschetschenen aus Russland ins Land kämen. An der Grenze zu Österreich würden derzeit von den Behörden noch 100 bis 150 Flüchtlinge pro Tag registriert. Die Balkanroute sei also nicht wirklich "dicht", noch immer würden Menschen über die grüne Grenze kommen, aber eben nicht mehr in so großen Gruppen, so De Maiziere. Eine Prognose über die Gesamtzahl für 2016 wolle er nicht abgeben, sagte der Innenminister, weil die Entwicklung insgesamt noch zu labil sei.

Noch eine halbe Million Altfälle

Nicht mehr ganz so labil scheint dagegen die Situation im zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Deren Chef Frank-Jürgen Weise gab bekannt, dass in 2016 bis Ende Juni 283.236 Asylanträge entschieden wurden, anderthalb Mal so viele wie im ersten Halbjahr 2015. Rund 100.000 der Anträge wurden abgelehnt.

Familie in einem Antragsbüro des BAMF (Foto: DW/S. Pabst)
Hoffen auf die Genehmigung eines AsylantragesBild: DW/S. Pabst

Besonders viele Antragsteller kamen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. Immer weniger Flüchtlinge kämen aus den Westbalkan-Staaten wie Albanien und Serbien, die in den Vorjahren die Liste der Hauptherkunftsländer bestimmten. De Maiziere rechnet mit 100.000 freiwilligen oder erzwungenen Wiederausreisen in diesem Jahr. Diese Zahl sei "noch nicht gut genug".

Dennoch hat das BAMF noch einen Berg an Altanträgen, die es abzuarbeiten gilt. Derzeit sind das fast 500.000 Fälle. Bis Jahresende hatte Behörden-Chef Weise versprochen, diesen Berg abgearbeitet zu haben. Die Dauer der Verfahren läge bei neuen Flüchtlingen entweder bei rund einer Woche oder bei etwas unter vier Monaten, je nachdem wie kompliziert die Fälle sind. Zu den einfachen Fällen gehören in der Regel Flüchtlinge aus Syrien - die fast alle bleiben können - oder aus "sicheren Herkunftsstaaten" wie Serbien, die überwiegend abgewiesen werden. Rechne man die Altfälle hinzu, müssten Flüchtlinge derzeit rund sechs Monate auf Entscheidung ihres Asylantrags warten.

Viele Gesetze auf den Weg gebracht

Insgesamt sei die Flüchtlingskrise noch nicht gelöst, fasste De Maiziere zusammen, aber in Europa käme man derzeit gut und in Deutschland sehr gut voran. Am heutigen Freitag hat der Bundestag ein Integrationsgesetz beschlossen, mit dem die Verteilung und Betreuung der Flüchtlinge in Deutschland besser geregelt werden soll.

De Maiziere verwies auf sieben Gesetzesmaßnahmen, die derzeit auf europäischer Ebene diskutiert würden. Darunter sei auch eine Neuregelung des Dublin-Abkommens mit einer Verteilungsquote für Flüchtlinge über alle EU-Staaten. Einer "Verteilung von Anfang an" gibt der Bundesinnenminister wenige Chancen auf Umsetzung. Das derzeit alternative Modell beinhalte eine Verteilung von Flüchtlingen nach "Überlastung" von einzelnen Staaten. Hier seien die Aussichten auf eine Einigung "größer, aber auch nicht sicher".