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Datenschützerin warnt vor Pokémon Go

5. August 2016

Harmloses Handyspiel - oder doch ein Datensammelmonster? Pokémon Go entzweit die Geister. Verbraucherschützer haben die Spielanbieter schon abgemahnt. Nun gibt es neue Alarmrufe wegen versteckter Gefahren.

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Belgien Pokemon Go Spieler in Brüssel
Bild: Getty Images/AFP/S. Gremmelprez

Wer spielt, macht sich nackt: Bevor es losgeht mit der Jagd auf die kleinen Monster, verlangt das Handyspiel Pokémon Go den Zugriff auf Kamera und Mikrofon des Smartphones. Aber das ist längst nicht alles - der Anbieter, das US-Unternehmen Niantic, speichert auch detailliert jede Bewegung des Nutzers; alle Geodaten werden protokolliert.

Für Marit Hansen ist Pokémon Go daher kein harmloses Spiel, sondern ein gigantisches Datensammelmonster. Als erste Datenschützerin in Deutschland schlägt die Beauftragte in Schleswig-Holstein Alarm - vor den "potenziellen Möglichkeiten" der App könne man nur warnen. Besonders pikant: Ihr wie auch den Kollegen in den anderen Bundesländern sind dennoch die Hände gebunden. "Da es sich um einen außereuropäischen Anbieter handelt, fehlt uns bislang der juristische Hebel, um aktiv zu werden", sagt Hansen.

Taschenmonster lenken ihre Jäger

Sie ist selbst Mutter zweier Kinder und will keine Spielverderberin sein. Wer Pokémon auf sein Smartphone lädt, will Spaß haben. Kleine Pokémon - kurz für: Pocket Monster, also "Taschenmonster" - können in einer virtuellen Realität gefangen und gesammelt werden. Dabei werden Elemente aus der realen Welt eingeblendet, genau dort, wo sich der Benutzer tatsächlich befindet. Das funktioniert über die GPS-Daten des Handys, die den Standort mitteilen.

Pokémon-Fans stehen mit ihren Smartphones vor einer älteren Rheinbahn (Foto: dpa)
Monsterjagd in Düsseldorf - mit einer historischen StraßenbahnBild: picture-alliance/dpa/D.Young

Datenschützerin Hansen sagt, die Spielemacher erführen nicht nur eine Menge über ihre Nutzer - sie könnten sie sogar "regelrecht lenken". In Japan kooperiere die Fast-Food-Kette McDonald's bereits mit Pokémon-Anbieter Niantic. Vor jeder Filiale locke ein sogenannter Poké-Stop. Pokémon Go beweise "eindrücklich, wie man heute mit wenig Aufwand große Kundenströme steuern kann", so Hansen.

Wie Bazillen auf der Intensivstation

Während die Düsseldorfer Verkehrsbetriebe am Donnerstag eigens eine Straßenbahn für Pokémon-Spieler durch die Stadt kurven ließen, damit diese auf dem Handybildschirm die bunten Fantasiewesen fangen und sogar neue aus dem Ei ausbrüten konnten, verboten die ortsansässigen Volksbanken das Spiel in ihren 23 Filialen - weil sie sich Sorgen um Datenschutz und Diskretion machen.

In sensiblen Bereichen ist das Spiel ungefähr so beliebt wie gefährliche Bazillen auf einer Krankenhaus-Intensivstation. So hat Israel Pokémon Go aus allen Botschaften weltweit verbannt. Auch auf Militärstützpunkten und im Außenministerium ist die Monsterjagd untersagt. Saudi-Arabien spart sich gleich die Mühe, Kriterien für Pokémon-freie Zonen aufzustellen: Die höchste islamische Institution des Landes bestätigte kürzlich ein Rechtsgutachten, wonach das Spiel im gesamten Königreich verboten ist.

15 Klauseln abgemahnt

In Deutschland droht dem Anbieter aus der Ferne womöglich doch noch juristisches Ungemach: Der Bundesverband der Verbraucherzentralen mahnte 15 Klauseln in den Nutzungs- und Datenschutzbestimmungen des Spiels ab, da sie "nach deutschem Recht unzulässig" seien. Der Verband setzte dem Unternehmen Niantic eine Frist bis zum 9. August, um eine Unterlassungserklärung abzugeben. Sonst winkt den Vätern der virtuellen Monster eine Klage - diesmal in der realen Welt.

jj/qu (dpa, afp)