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'Hundert mal besser'

Das Interview führte Michael Knigge (np).25. Februar 2009

Jobsuche und die Jobvermittlung auf Netzwerkportalen können in der Krise hilfreich sein, sagt Reid Hoffman, Gründer der Networking-Plattform LinkedIn, im Gespräch mit DW-WORLD.DE.

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Reid Hoffman
Reid Hoffman ist auf ErfolgskursBild: picture-alliance / dpa

DW-WORLD.DE: Sehen Sie eine Möglichkeit für Internetfirmen wie LinkedIn, von der Wirtschaftskrise zu profitieren?

Reid Hoffman: Von der Krise zu profitieren, das klingt schlecht. Ich denke jedoch, dass Firmen, die Personen darin unterstützen, wirtschaftlich erfolgreicher zu sein, uns hoffentlich durch die Krise helfen werden. LinkedIn ist eine solche Firma, denn wenn viele Menschen entlassen werden, gibt es eine Umstrukturierung der ökonomischen Umstände. Im Moment wird es wichtiger, dass einzelne Personen ihr eigenes wirtschaftliches Schicksal kontrollieren. Sie könnten individuelle Berater werden, sie könnten andere Jobs finden oder Unternehmer könnten neue Produkte erfinden. Dienste wie LinkedIn können dazu beitragen, genau wie andere Internettools. Es reicht nicht, nur die Maßnahmen der Regierung zu nutzen, um durch diese wirtschaftlich unruhigen Zeiten zu kommen.

Wie hat LinkedIn den Einfluss der Krise gespürt?

Wir scheinen immer noch zu wachsen. Vielleicht etwas weniger, als es normalerweise der Fall wäre, aber dem Unternehmen geht es gut. Das liegt zum Teil daran, dass wir Kooperationen ermöglichen, die bei der Personalbeschaffung helfen, zum Beispiel um Experten zu finden. Wir schaffen aber auch die Möglichkeit für Individuen, nach Jobs zu suchen. Hier gibt es vielleicht etwas, dass nicht so offensichtlich ist: Bei der Personalrekrutierung werden heute nicht mehr 800 Leute gesucht. Heute sucht man eher 20. LinkedIn ist die perfekte Lösung, um 20 Angestellte zu rekrutieren. Für uns läuft es auf beiden Seiten gut, bei denjenigen die rekrutieren und bei denjenigen, die suchen.

In der gesamten Geschäftswelt werden Stellen abgebaut und Unternehmen und Standorte zusammengelegt. Es gibt ein breites Spektrum an Networking-Portalen. In Europa, vor allem in Deutschland, gibt es Xing und weitere in Asien oder Lateinamerika. Vermuten Sie, dass es Zusammenschlüsse geben wird in Ihrem Sektor?

Firmen, denen eine gewisse Stärke in ihrem Geschäfts- und Ertragsmodell fehlt, werden Schwierigkeiten haben, Kapital aufzubringen. Daher sehe ich einige Zusammenschlüsse. Der Kreislauf der Internetfirmen zeichnet sich jedoch dadurch aus, dass diese Firmen wesentlich weniger Geld benötigen. Man braucht keine starken Erträge, um zu bestehen. Ich denke, es wird nicht so schlimm werden, wie während der Internetpleite, aber einige Zusammenschlüsse und Umstrukturierungen wird es schon geben.

Facebook-Logo
In privaten Portale wie Facebook sieht LinkedIn keine KonkurrenzBild: picture-alliance/ dpa

Viele Nutzer haben sich bei verschiedenen Networking-Portalen angemeldet, wie Facebook, LinkedIn oder Xing. Es scheint, als hätte Facebook einen sehr guten Zugang dazu, alle möglichen Beziehungen und Aktivitäten zu managen und somit viele Geschäftsleute dazu zu bewegen, Facebook als eine "Allround-Plattform" zu benutzen. Bedeutet das Gefahr für das spezialisiertere LinkedIn?

In der Tat stellen wir fest, dass viele Menschen Facebook beruflich nutzen. Doch sie benutzen es in der Art und Weise, wie Facebook es vorgibt. Etwa die Hälfte davon ist Foto-Sharing, es gibt Statusanzeigen und Spiele wie Poker. Aber was machen Sie, wenn Sie Journalist sind und einen Experten suchen oder nach der richtigen Person suchen, um einen Geschäft abzuschließen? Oder was machen Sie, wenn Sie als Unternehmer Rat suchen? All diese Ansprüche erfüllt LinkedIn hundert mal besser als die privaten Netzwerke. Sie dringen nicht in unseren Geschäftsbereich ein. Zugegeben, einige Leute, die früher LinkedIn benutzt haben, benutzen jetzt beide Portale, aber aus unterschiedlichen Gründen.

Wohin wird sich LinkedIn in Deutschland und Europa entwickeln? Haben Sie Pläne zu expandieren oder etwas Neues einzuführen?

Wir konzentrieren uns stark auf Europa. Wir haben bereits über neun Millionen Mitglieder dort. Wir sind die größte europäische Netzwerk-Seite. Es gibt uns auf Spanisch, Französisch, (Anmerkung der Redaktion: inzwischen auch auf Deutsch), weitere europäische Sprachen sind geplant. Wir glauben, wir sind bereits das beste Netzwerk, um Europa zu verbinden. Und das beste Netzwerk, um die internen Beziehungen zu stärken, zum Beispiel in Großbritannien, Skandinavien und den Niederlanden. Unser Ziel ist es, diesen Status überall zu erreichen.

Reid Hoffman ist der Gründer, Vorsitzende und Geschäftsführer von LinkedIn, der größten internationalen beruflichen Netzwerk-Seite. Bevor er LinkedIn gründete, war er stellvertretender Vorsitzender der E-Commerce-Seite Paypal. Außerdem ist er Investor und Vorstandsmitglied verschiedener anderer Internetfirmen.