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Platten-Bau

Martina Buttler14. Mai 2007

Hinter der unscheinbaren Fassade eines New Yorker Mietshauses verbirgt sich das weltgrößte Musikarchiv der modernen, nicht-klassischen Musik. Es platzt aus allen Nähten - weshalb jetzt weltweit Dependancen geplant sind.

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Archiv für Gegenwartsmusik in New York, Auch: Quelle
Archive of Contemporary Music in New YorkBild: ARChive of Contemporary Music

An der grünen Fassade blättert die Farbe ab. Auf einem unscheinbaren Stück Papier an der Tür der Hinweis: Hier ist das Archiv für Gegenwartsmusik. Hinter der Tür reiht sich bis unter die Decke ein Regal an das andere - laufende Meter Plattensammlung. Nicht irgendeine, erklärt Mitbegründer Bob George, sondern das größte Archiv mit Tonaufnahmen weltweit.

Alles auf Vinyl - darunter Aromaplatten

Zwei Millionen Platten, CDs und Bänder haben die Musikfans in mehr als 20 Jahren gesammelt. Sie stehen dicht an dicht aufgereiht im Keller und Erdgeschoss des Archivs. Alles, was nicht Klassik heißt und die meisten anderen Sammlungen und Bibliotheken abgelehnt haben: Rock, Pop, Reggae, Jazz, Blues und Hip Hop - von jeder Aufnahme werden mindestens zwei Ausgaben aufgehoben.

Angefangen hat alles mit 7000 Platten, die Bob George selbst zu Hause stehen hatte. Jetzt kommen jede Woche Hunderte dazu - wenn Clubs dichtmachen oder DJs ihre Sammlung hergeben. Das Archiv macht sich bei jeder neuen Lieferung an die Sisyphus-Arbeit, die neuen mit den schon vorhandenen Exemplaren zu vergleichen. Dabei läuft im Hintergrund immer irgendeine Aufnahme - von Geräusch-Platten über Musikaufnahmen bis zu Hitler-Reden. Alles auf Vinyl. Zwischendurch werden auch mal die etwas ungewöhnlicheren Sammlungsstücke in Umdrehung gebracht. Etwa Platten, in deren Rillen Aroma verteilt wurde. Wenn die Nadel drüber geht, spielt die Musik und es wird ein Geruch freigesetzt.

Zweigstellen in aller Welt geplant

Weihnachtsduft und Blumenwiese stehen im Archiv, das fast aus allen Nähten platzt. Aber das soll sich ändern. Wenn alles glatt geht, zieht die Sammlung bald an die Columbia University um. Dann könnte sie vielleicht auch für jedermann geöffnet werden. Bisher sind es vor allem Filmfirmen und Plattenlabel, die das Archiv durchsuchen. So haben die Musikexperten einmal einen Song für Martin Scorsese gefunden - der Regisseur sitzt inzwischen im Vorstand. David Bowie ist mit Hilfe des Archivs an Aufnahmen von ihm gekommen, die er sonst nicht mehr in die Finger bekommen hätte.

Aus der Musikwelt erhalten die eifrigen Sammler jede Unterstützung - und die brauchen sie auch. Schließlich halten sie sich von Spenden und Partys über Wasser, die sie hin und wieder veranstalten. Die Pläne des unscheinbaren Archivs sind groß - auch dafür wird viel Geld gebraucht. Sie wollen Zweigstellen rund um die Welt aufmachen. In Europa gucken sie sich gerade in Paris und Berlin um.