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"Das sind auch nur Menschen"

Thomas Klein aus Dortmund
29. Oktober 2016

Vor dem Revierderby zwischen Borussia Dortmund und dem ungeliebten Nachbarn aus Gelsenkirchen haben 100 Kinder gezeigt, dass Rivalen auch friedlich sein können. Mit dem Fahrrad fuhren sie gemeinsam zum Spiel.

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Derby-Radtour in Dortmund
Bild: DW/T. Klein

Die Augen strahlten und wurden immer größer. Niklas und sein Kumpel Saidi hatten gerade Platz genommen. Die Freunde aus Gelsenkirchen bestaunten an diesem Samstag das Dortmunder Stadion, in dem sie gerade angekommen warern. "Das ist richtig cool", freute sich Niklas, der den Schalkern die Daumen drückt. Sein Sitznachbar zupfte kurz an seinem Schwarz-Gelben Schal und nickte zustimmend. Aus den Stadionboxen dröhnte "You'll never walk alone" - wie immer kurz vor dem Anpfiff bei einem Spiel von Borussia Dortmund. Beeindruckt von den ohrenbetäubenden Gesangskünsten der Dortmunder Fans sagte Saidi: "Ich glaube, heute gewinnt der BVB."

"Das ist eine ganz tolle Aktion"

Sieben Stunden zuvor hatte für die Schulfreunde der Derby-Tag begonnen. Gemeinsam mit knapp 100 weiteren Schülern und Lehrern hatten sie sich im rund 15 Kilometer entfernten Bochum getroffen. Zusammen mit der Polizei hatten die Marie-Reinders-Realschule in Dortmund und die Lessing-Realschule in Gelsenkirchen eine Fahrradtour zum Derby organisiert.

Derby-Radtour in Dortmund
T-Shirts für die Derby-FahrradtourBild: DW/T. Klein

"Das ist eine ganz tolle Aktion. So können wir uns alle einmal kennenlernen", erzählte die 15-jährige Dortmunderin Katharina. Mitschülerin Sandra, die sich gerade mit Schalke-Fan Christoph unterhalten hatte, stimmte zu und ergänzte etwas überrascht: "Ich finde die Blau-Weißen ganz nett. Man kann sich gut mit ihnen unterhalten, es sind ja auch nur Menschen."

Es geht auch ohne Aggressionen

Das Revierderby zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 elektrisiert und begeistert seit Jahrzehnten die Fußballwelt. Neben brisanten Spielen gibt es auch eine große Rivalität zwischen den beiden Fangruppen, die "leider oft in Gewalt umschlägt". Schulleiter Wolfgang Kalveram sieht in der Fahrradtour deswegen eine große Chance zu beweisen, dass es auch anders geht. "Mit diesem Ausflug wollen wir zeigen, dass Menschen aus Gelsenkirchen und Dortmund auch gemeinsam zu einem Derby gehen können. Und zwar ohne Aggressionen, sondern mit viel Freude."   

"Schalker können kein Fahrrad fahren"

Fußball 1. Bundesliga 9. Spieltag Borussia Dortmund gegen FC Schalke 04
Viel Kampf, wenig Tore beim Revier-Derby in DortmundBild: Getty Images/AFP/P. Stollarz

Nach der ersten Kennenlernphase und einer kleinen Stärkung stiegen die Schüler auf die Fahrräder und begannen ihre Derby-Tour mit einem Klingelkonzert. Ganz ohne Frotzeleien ging es aber nicht. Bei einem kurzen Zwischenstopp beschwerte sich Maik: "Die Schalker können kein Fahrrad fahren, die sind viel zu langsam." Das ließ Christoph nicht lange auf sich sitzen und trat nach der Pause noch ein bisschen schneller in die Pedale.

"Das gehört auch dazu", lachte Kalveram. "Solange es bei einem verbalen Schlagabtausch bleibt, ist alles gut." Nach knapp zwei Stunden hatte der Fan-Tross die Dortmunder Innenstadt erreicht. Trotz einiger - aufgrund der ungewohnten körperlichen Ertüchtigung - schweratmender Kinder, waren alle Fans wohl auf und glücklich. Das große Derby zwischen dem BVB und den Königsblauen konnte endlich losgehen.

Ein Projekt mit Vorbildcharakter

Nach gut 90 Minuten beendete der Schiedsrichter eine über weite Strecken höhepunktarme Partie. Das intensive Duell hatte aber trotzdem Eindruck hinterlassen, denn die Schüler zeigten sich vor allem von der Stimmung auf den Rängen sehr beeindruckt. "Das hat richtig viel Spaß gemacht", sagte Niklas. "Ich war zum ersten Mal hier im Stadion und komme bestimmt wieder." Bis zum nächsten Derby in Dortmund dauert es noch ein wenig. Auf ein Wiedersehen müssen die Schüler aber nicht so lange warten, denn beim Rückspiel im kommenden Jahr wollen sie wieder gemeinsam gehen. "Dieses Projekt hat Vorbildcharakter", sagte Jörg Skubinn, Schulleiter der Realschule in Dortmund. "Wir werden diese Aktion beim nächsten Revierderby sicher wiederholen."