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Politik

Das Q, der Schulz-Effekt und die Union

5. März 2017

Dass der SPD-Spitzenkandidat Schulz die Agenda 2010 verändern will, ist bekannt. Nun werden auch Details der Vorschläge diskutiert. Union und Arbeitgeber sind empört und sprechen von einer rückwärtsgewandten Politik.

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SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz
Bild: picture alliance/dpa/C. Charisius

Am Anfang waren die Kollegen der "Süddeutschen Zeitung". Sie berichteten in ihrer Wochenendausgabe exklusiv:"So will Schulz bei der Agenda 2010 nachbessern". Inhalt des Berichts sind die Details eines Konzepts, in dem von einem neuen "Arbeitslosengeld Q" die Rede ist. Diese Details kann man - je nach politischem Standort - gelungen oder empörend finden. Wird dieses Arbeitslosengeld Q nun der Wahlkampfschlager 2017 der SPD? Oder hat Bundeskanzlerin Angela Merkel Recht mit ihrer Einlassung, die Sozialdemokraten beschäftigten sich unablässig mit der Vergangenheit?

Worum es geht: Das ALG Q soll eine Verlängerung des Arbeitslosengelds auf bis zu 48 Monate ermöglichen. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat den Plan für den Spitzenkandidaten ausgearbeitet - den Spitzenkandidaten einer Partei, in der die bisherige Agenda 2010 mit dem verkürzten Bezug der Hilfe stets nur mäßige Begeisterung ausgelöst hat.

Deutschland Potsdam Tafel mit der Aufschrift "Aktuelle Stellenangebote"
Das Angebot der Arbeitsagentur in PotsdamBild: picture-alliance/dpa/R. Hirschberger

Nahles stellt den Schulz-Vorstoß - so wertet dies die Deutsche Presse-Agentur (dpa) - für ein längeres Arbeitslosengeld I für Ältere in einen größeren Rahmen. Es geht der Arbeitsministerin darum, wie althergebrachte Regeln für die zukünftige Wirtschaft verändert werden müssen. Betriebe und Arbeitnehmer sollen flexibler agieren können, ohne dass die Beschäftigten unter die Räder kommen. "Die neue Arbeitswelt 4.0 braucht neue Absicherung für die Beschäftigten", heißt es - der dpa zufolge - in ihrem dreiseitigen Papier, mit dem sich der SPD-Vorstand an diesem Montag befassen soll. Es könne künftig "mehr Übergänge zwischen Erwerbstätigkeit und Phasen der Arbeitslosigkeit" geben.

Schulz hatte eine Verlängerung des Arbeitslosengeldes I noch damit begründet, dass beispielsweise ein 50-Jähriger Angst vor Arbeitslosigkeit hat, weil er dann schon nach 15 Monaten nur noch Hartz IV bekommen würde. Geplant ist in der Nahles-Ausarbeitung nun aber keine einfache ALG-Verlängerung, sondern eine Koppelung an Qualifizierung. Das Q steht für Qualifizierung. Arbeitslosengeld I gibt es heute in der Regel zwölf, bei 58-Jährigen maximal 24 Monate. Der Bezug soll nur um die Zeit verlängert werden können, in der die Arbeitslosen eine Schulung, Umschulung oder einen neuen Abschluss machen. In dieser Zeit soll es dann ALG Q heißen.

"Wer schon die Lage falsch zeichnet ..."

Während von sozialdemokratischer Seite an diesem Wochenende relativ wenig zu hören war, äußerten sich für die Union zum Beispiel CDU-Generalsekretär Peter Tauber und Fraktionschef Volker Kauder. Tauber warf den Sozialdemokraten vor, nach links zu driften: "Anstatt darüber nachzudenken, das Arbeitslosengeld noch länger zu zahlen, sollten wir darüber reden, wie Deutschland wirtschaftlich stark bleibt, damit auch in Zukunft neue, sichere Arbeitsplätze entstehen", sagte Tauber dem "Tagesspiegel" in Berlin. Unionsfraktionschef Kauder hielt Schulz vor, das Land schlecht zu reden: "Wer schon die Lage falsch zeichnet, kann erst recht für Deutschland keinen Erfolg versprechenden Plan für die Zukunft entwerfen", schrieb der CDU-Politiker in der Zeitung "Welt am Sonntag".

Auch der Arbeitgeberverband BDA glaubt nach den Worten seines Hauptgeschäftsführers Steffen Kampeter nicht an das SPD-Konzept: "Die rückwärtsgewandten Vorschläge verführen zu Warteschleifen, an deren Ende nicht Beschäftigung, sondern Frühverrentung steht", erklärte Kampeter. Der saß übrigens bis 2016 für die CDU im Deutschen Bundestag.

Fraktionssitzung CDU/CSU
Guter Dinge: die Kanzlerin und Fraktionschef Volker Kauder im Januar im ReichstagBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Ob die Vorschläge mit dem Q nun rückwärtsgewandt sind oder am Ende dazu führen, dass die SPD Wähler - die sie zum Beispiel an die Linkspartei oder an die AfD verloren geglaubt hat - zurückgewinnt, darüber dürfte in den Monaten bis zur Bundestagswahl noch viel spekuliert werden. Nach einer von der Zeitung "Bild am Sonntag" veröffentlichten Umfrage hat die Union die SPD wieder knapp überholt. CDU und CSU liegen demnach bei 33 Prozent, die SPD kommt auf 32 Prozent. In diesem Zusammenhang lässt sich dann doch noch ein Sozialdemokrat zitieren. Martin Schulz selbst: "Millionen Menschen erkennen sich in meinem Lebensweg wieder. Die Faszination von der Hochglanzpolitik ist vorbei."

ml/qu (mit dpa)