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Das Prinzip Hoffnung

Holger Hank7. Juni 2002

Es ist noch gar nicht so lange her, dass Internet-Manager wie Popstars verehrt und Gewinne als geschäftsschädigend betrachtet wurden. Auf der Internet World in Berlin gibt sich die Branche jetzt geläutert.

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Die Internet-Sause ist vorbei

"Schon wieder besser, aber nüchtern" - mit diesen Worten beschreibt Milan Dolinar die Stimmungslage auf dem Berliner Messegelände. Der Deutschland-Geschäftsführer des
Marktforschungs-Unternehmens "NetValue" blickt wenig enthusiastisch auf die nur wenigen Besucher rund um seinen Stand.

"NetValue" analysiert, wohin die User im Internet klicken. Das scheint auch in Zeiten der Internet-Krise eine lohnende Sache zu sein: Denn die Zahl der Nutzer wächst weiterhin - in Deutschland sind inzwischen mehr als 30 Millionen online, weltweit sind es über 500 Millionen User.

Kosten senken

Doch die Sache hat einen Haken: Mit den Usern lässt sich bisher kein Geld verdienen. Zumindest ist das viel schwieriger als die meisten Internet-Gurus noch vor einem Jahr behauptet haben. Zum Beispiel Stephan Schambach: als Chef des Vorzeige-Unternehmens "Intershop" war er jahrelang der Liebling der Branche. Denn der Mann aus Jena versprach grenzenloses Wachstum und grenzenlose (zukünftige) Gewinne für seine Internet-Verkaufssoftware.

Auf der Internet World gab sich Schambach einsilbig: "Es geht jetzt darum, die Kosten zu senken" - er meinte zwar die Kosten seiner Kunden, doch er dachte wohl auch an die eigenen Kosten. Seit die Intershop-Aktie vom "Highflyer" zum "Penny Stock" degradiert worden ist, gibt es auch bei "Intershop" Entlassungen. Auf Kritik regiert Schambach ein wenig beleidigt: "Anders als in den USA gibt es in Deutschland keinen Wirtschaftspatriotismus!". Schambachs Software-Firma ist auf der Messe in Berlin
nicht mit einem Stand vertreten.

Paulus Neef ganz bescheiden

Paulus Neef - Gründer der Firma Pixelpark
Paulus Neef - Gründer der Firma Pixelpark

Ebenfalls virtuelle Kreide gefressen hat Paulus Neef. Mit seinem Unternehmen "Pixelpark" galt er als der Vorreiter der gesamten Branche in Deutschland. Neef in Berlin: "Es geht jetzt vor allem darum, die Technik anwendbar zu machen". Bescheidene Ziele, für einen der einmal ausgezogen war, die (Internet-)Welt zu verändern.

Messechefin Michaela Voltenauer räumte zwar ein, dass viele Firmen, die im letzten Jahr noch auf der Internet World vertreten waren, jetzt nicht mehr existierten, aber: "Qualität geht vor Quantität". Der Internet-Hype sei vorbei, der Markt habe sich bereinigt. Jetzt gebe es aber eine gute Basis für Wachstum im nächsten Jahr.

Das sieht auch der Branchenverband "Bitkom" so: Für die Mobilfunk-, Daten- und Internetindustrie erwartet "Bitkom" schon im laufenden Jahr ein Umsatzwachstum um 13 Prozent und für 2003 um fast 18 Prozent auf dann 37,5 Milliarden Euro.

Weniger Aussteller

Trotz dieser möglicherweise rosigen Perspektiven: In Berlin sind diesmal nur rund 550 Aussteller vertreten, 2001 waren es noch 800. Ernüchterung ist also angesagt und von "Megatrends" sprechen die Experten lieber nicht mehr: Denn der mobile Internetzugang ist weiterhin in der Mache, das Bezahlen im Internet bleibt knifflig und wann Otto Normaluser wirklich anfängt, TV im Netz zu schauen, ist auch noch nicht klar.

Auch in der Internet-Branche ist jetzt "Business as usual" angesagt. Burkhard Graßmann von T-Online International bringt die Stimmungslage auf den Punkt: "Wir müssen lernen, unsere Dienste auch zu verkaufen!"