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Das Phänomen Jacob Zuma

22. April 2009

Vermutlich wird er der neue Präsident Südafrikas: Jacob Zuma. Er polarisiert wie keiner seiner Vorgänger. Bei der Parlamentswahl an diesem Mittwoch fällt die Entscheidung.

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Jacob Zuma (Foto: AP)
Will sich die Hände nicht mit Korruption schmutzig gemacht haben: ZumaBild: AP

Die Lautsprecher dröhnen mehr schlecht als recht, eine Handvoll junger Leute mit den schwarzen ANC-T-Shirts und Zuma-Konterfei tanzen den Toyi-Toyi, den berüchtigten Zulu-Kriegstanz. Es ist ein heißer Mittag in Nkandla, einem kleinstädtischen Marktflecken in den grünen Hügeln von Südafrikas südöstlicher Provinz KwaZulu-Natal.

Chauvinistischer Zulu-Kult

Felder (Foto: Mathias Bölinger)
Zumas Heimat: KwaZulu-NatalBild: Mathias Bölinger

Dies ist die Provinz, die durch eine monatelange Gewaltwelle beinahe die ersten freien Wahlen 1994 sabotiert hätte, die schließlich den ANC und Nelson Mandela an die Macht brachten. Dies ist aber vor allem die Provinz, die bis heute einen chauvinistischen Zulu-Kult pflegt, und man darf wohl sagen, dass Jacob Zuma dessen bester Vertreter ist. Allerdings ist davon in seiner Geburtsstadt Nkandla zunächst wenig zu spüren. So sehr sich die ANC-Wahlkampfhelfer auch bemühen - der Funke springt nicht so recht über: Vielleicht, weil heute Markttag ist und die Menschen lieber Einkäufe erledigen als sich in KwaZulu-Natals notorisch hitziger Politik zu verstricken. Außerdem ist Nkandla in der Hand der Zulu-Partei Inkatha (IFP). Obwohl Zuma seit Jahrzehnten eine feste Polit-Größe und immerhin ehemaliger Vizepräsident Südafrikas ist, wählt seine Heimatstadt die Konkurrenz: Bei der letzten Lokalwahl bekam die IFP 91 Prozent der Stimmen.

Mythos von der schweren Kindheit

Wer aber nun ist Jacob Zuma? Der Lokalreporter des Staatsrundfunks SABC, Marimothu Subamoney, hat die politische Entwicklung des Jacob Zumas über Jahrzehnte verfolgt. Er weiß auch um den Mythos vom armen Bauernjungen und politischen Gefangenen, den Zuma im Wahlkampf gezielt pflegt. "Er hatte eine schwere Jugend. Seine Mutter war eine Hausangestellte. Er hat keinerlei Grundschulbildung, er hat sich als Hirte durchgeschlagen", erzählt der Reporter. Später habe er sich dann dem bewaffneten Kampf gegen die Apartheid angeschlossen, wurde verhaftet und saß jahrelang auf Robben Island ein. Dort habe er schließlich, mit Hilfe der Mitinsassen, sein Abitur nachgeholt.

Porträt Zuma (Foto: AP)
Mann mit vielen Gesichtern: Jacob ZumaBild: AP

Chamäleon, Populist, Gesetzesbrecher, wie die einen sagen. Oder doch ein volksnaher Macher, der endlich den Wahlkampfslogan des ANC - "ein besseres Leben für alle" - umsetzen wird ? Klar ist, Zuma tritt ein schweres Erbe an: Gewaltkriminalität, Xenophobie, Korruption, Politikverdruss – und bald auch die Auswirkungen der Finanzkrise, die Südafrika mehr als alle anderen Länder auf dem Kontinent treffen wird? Wer also ist dieser Mann, der in Zukunft Afrikas Wirtschaftsmotor führen wird? "Ich kenne ihn", sagt ein Mädchen vom Markt in Nkandla. Er sei ein sehr liebenswürdiger und teilnahmsvoller Mensch, sagt sie. "Und er ist sehr nah an den einfachen Menschen dran. Vielleicht kann er einige Schulen für uns bauen und den bedürftigen Menschen helfen."

Hoffnung auf Vorteile

Der Bürgermeister von Nkandla, Zwelabo Zulu, ist auch ein Inkatha-Mann und als solcher kein politischer Freund Zumas. Er freut sich über die Aufmerksamkeit für Nkandla – doch politische Chancen räumt er dem berühmtesten Sohn der Stadt und seiner Partei nicht ein. Wird der zukünftige Präsident Zuma seinen politischen Einfluss geltend machen und ihm, dem Bürgermeister, Geld zustecken? Für das Krankenhaus von Nkandla, das tief in den roten Zahlen steckt ? Oder HIV/Aids-Aufklärungskampagnen in die Stadt bringen, die durch den Film "Die Waisen von Nkandla" traurige Berühmtheit erlangt hat als die Stadt mit der höchsten HIV/Aids-Rate Südafrikas?

Zulu ist skeptisch. "Schauen Sie sich das Ostkap an", sagt er kopfschüttelnd, "da kamen Mandela und Mbeki her und die Armut ist nach wie vor erschreckend". Sollte Zuma aber mit einem Scheck winken, dann hat Bürgermeister Zwelabo Zulu die Prioritätenliste schon erstellt: Straßen und Infrastruktur stehen für ihn ganz oben. Dann die Stromversorgung. "Da haben wir große Probleme. Unsere Bürger haben nur eingeschränkten Zugang zu medizinischen und Bildungs-Einrichtungen, da die entsprechenden Geräte von der Stromzufuhr abhängig sind", sagt der Bürgermeister.

Nach zwei Tagen Gesprächen verlässt der Besucher Nkandla mit einer gemischten Botschaft: Man ist stolz, dass endlich ein Zulu das höchste Amt im Staat bekleidet, auch wenn er den unbeliebten ANC vertritt. Doch die jüngsten Korruptionsvorwürfe – wenngleich formal ausgeräumt – werfen nach wie vor einen Schatten über die Präsidentschaft, sagt Lokal-Journalist Marimothu Subamoney: "Zuma hatte seine Finanzen nicht unter Kontrolle und das ist ihm als Korruption ausgelegt worden. Dies und das jüngste Verfahren wegen Vergewaltigung haben sich zu einem Eindruck bei vielen verdichtet, dass er keinen guten Präsidenten für Südafrika abgeben wird." Und auch die internationale Gemeinschaft werde ihn nicht besonders wohlwollend aufnehmen, glaubt der Journalist.

Autor: Ludger Schadomsky

Redaktion: Christine Harjes