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Das Lachen des Professors

Gerhard Brack 19. Februar 2013

Wer brav studiert, hat oft nicht viel zu lachen. Viele Professoren beten einfach nur monoton ihre Vorlesungen herunter. Doch es geht auch anders: An der TU München gibt es einen "Humorprofessor".

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Professor Michael Suda (Foto: Gerhard Brack)
Bild: Gerhard Brack

Das Künstlerhaus am Lenbachplatz im Zentrum von München strahlt in goldenem Glanz. Der Duft von Parfum liegt in der Luft, junge Männer mit Anzug und Fliege und junge Frauen im eleganten Abendkleid schreiten die Marmortreppe hinauf in den Saal. Dort findet der feierliche "Abschlussball der Förster" statt - und zwar für 100 Absolventen der TU München, die gerade erfolgreich ihr Studium an der forstwissenschaftlichen Fakultät absolviert haben. Studiendekan Professor Michael Weber begrüßt auf Englisch auch die Teilnehmer des internationalen Studiengangs "Restainable Resource Management", mit dem die TU München die deutsche Idee der Nachhaltigkeit in alle Welt exportieren will. 

Weisheiten eines Hausmeisters

Mitten in der feinen Gesellschaft steht plötzlich ein Mann im blauen Arbeitskittel, einen Besen in der Hand: Michael Suda, Professor für Wald- und Umweltpolitik, hat sich als Hausmeister der TU verkleidet und erzählt davon, wie er die riesigen Hörsäle der Eliteuniversität saubermacht. Neulich seien plötzlich im Hörsaal lauter kleine Zettel aus der Luft gefallen, schimpft er: "Da standen Wörter darauf wie Markteffizienz, Eliteuniversität, Synergie, Center of Educational Energy, Schnittstellenkompetenz, Portfolio, Entrepreneurship, Global Player, Impact-Faktor. Kein Wort habe ich verstanden."

Professor Michael Suda von der TU München, verkleidet als Hausmeister (Foto: Gerhard Brack)
Der Humorprofessor in der Rolle des HausmeistersBild: Gerhard Brack

Dafür habe er aber eine Theorie entwickelt: "In dem Moment, wo man die gesamte Luft mit solchen leeren Worten schwängert, materialisiert sich dieses Nichts und fällt in Form von Worthülsen auf den Boden."

Dabei, so Professor Suda weiter in seiner Rolle als Hausmeister, komme es doch im Leben auf ganz andere Dinge an. Studenten brauchten Dreamfähigkeit, Hirnkompetenz, Verantwortungssinn und Lachkompetenz. "Geht den Sachen auf den Kern, dann kommt ihr weiter! Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert. Es kommt aber darauf an, sie zu verändern."

Talent zum Schauspielern

Der Professor ist ein Freund des Impovisationstheaters. In seinen Vorlesungen ist kein Student vor ihm sicher: Immer wieder ziehe er ein Mikrofon aus der Tasche und interviewe seine Schützlinge, um die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer zu gewinnen, erklärt Absolvent Sebastian Müller aus Neustadt an der Waldnaab: "Er begeistert einfach mit seiner lockeren Art. Jeder ist wach, schaut hin, und ab und zu kommt ein kleiner Lacher."

Und Absolventin Evely Soden lobt Sudas Einfälle beim Improvisationstheater: "Wir haben einmal mitgemacht, und wir haben uns fast totgelacht. Das war echt genial! Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ein seriöser Professor so etwas macht."

Abschiedsball der Försterstudierenden in München (Foto: Gerhard Brack)
Ohne Prof. Suda wäre die Abschlussfeier weniger unterhaltsamBild: Gerhard Brack

Auch Studentin Maria Adner hat mit dem 55-Jährigen schon Theater gespielt. Sie hatte in einer Masterarbeit die Fachberatung in Baumärkten untersucht. Gemeinsam mit Michael Suda stellte sie in einer Vorlesung die Gespräche aus dem Fachgeschäft nach und war sich so der Aufmerksamkeit ihrer Kommilitonen sicher. Wobei ihr Professor in seiner Rolle als Baumarktverkäufer wirklich mies gewesen sei, schmunzelt sie.

Zettelwirtschaft und die Simpsons

Natürlich könnte Michael Suda die Ergebnisse einer Studie in der Vorlesung auch einfach trocken vortragen, aber er liebt es, seine Schützlinge zu überraschen. Zum Beispiel bittet er die Studierenden mitten in der Vorlesung, den Hörsaal zu verlassen und in den Vorraum zu gehen: "Das dauert zwar drei Minuten, aber wenn die drei Minuten dazu führen, dass die Leute sich den Stoff dann besser merken können, hat sich das schon gelohnt", schmunzelt Suda.

Manchmal schreibt er auch Lerninhalte auf nummerierte Zettel und klebt sie unter die Sitze. Dann werden die Studierenden aufgerufen und müssen sie vorlesen. Und demnächst plant er eine Vorlesung, in der die Comic-Familie "Die Simpsons" eine große Rolle spielen soll.

Studentin Maria Adner (Foto: Gerhard Brack)
Maria Adner hat schon an der Seite des Professors geschauspielertBild: Gerhard Brack

Suda weiß aber auch: Humorelemente passen nicht zu jedem und nicht in jeder Situation. Keine Vorlesung dürfe zum Klamauk verkommen, betont er. Humor und Interaktionen müssen gezielt dosiert werden. In den riesigen Hörsälen will er so wieder die Balance herstellen zwischen Lehrenden und Lehrmitteln. In den Mittelpunkt gehöre der Mensch und nicht der Beamer, so seine Devise: "Der Humor führt wahrscheinlich auch zu einem anderen sozialen Verhältnis. Ich bin nicht der Gott in Weiß, der da vorne steht, sondern ich bin ein genauso fehlbarer Mensch wie die Studenten."