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Ein Jahr Unabhängigkeitserklärung Kosovo

Thomas Franke 17. Februar 2009

Am 17. Februar 2008 hat das Kosovo seine Unabhängigkeit erklärt. Russland war und ist der größte Kritiker dieses Schritts - aus Angst vor den Folgen. Viele weitere Gebiete könnten sich unabhängig erklären.

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Verschiedene Flaggen
Ein neuer Staat tummelt sich in der Internationalen Gemeinschaft.Bild: DW

Kosovo vor einem Jahr: Premierminister Hashim Taci verkündete die Unabhängigkeit des Kosovo, eng abgestimmt mit führenden EU-Mitgliedsländern und den USA, die den Staat als erste anerkannt haben. Kritik dafür kam aus Russland. „Man hätte die Büchse der Pandora nicht öffnen dürfen, aber da sie schon mal geöffnet ist, ist unsere gemeinsame Aufgabe, zu verhindern, dass die Co-Existenz der nicht anerkannten Staaten und der sie umgebenden Staaten in bewaffnete Konflikte übergeht“, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Duma, Andrej Klimov von der Regierungspartei Einiges Russland.

Im Fall von Georgien gelang das nicht

Seperatisten in Südossetien (AP Photo/Dmitry Lovetsky)
War das Kosovo ein Vorbild für Seperatisten in Südossetien?Bild: AP

Georgien im August letzten Jahres: Georgische Truppen bombardierten Zchinvali, die Hauptstadt des Separationsgebietes Südossetien. Vorausgegangen waren Provokationen von beiden Seiten. Die Anerkennung des Kosovo im Februar des Jahres war ein Faktor, der die Eskalation vorangetrieben hat. Russland griff ein und erkannte wenige Tage später beide georgische Separationsgebiete an: Südossetien und Abchasien. Nun war es die Europäische Union, die die Anerkennung kritisierte. Sie steht auf dem Standpunkt, dass Südossetien und Abchasien zu Georgien gehören.

Die Separatisten und Russland werfen nun der EU vor, mit zweierlei Maß zu messen. Das sei Unsinn, erläutert Cristina Galach, Sprecherin von Javier Solana, dem EU-Beauftragten für Außen- und Sicherheitspolitik. „Wir haben den Punkt erreicht, dass eine relevante Anzahl von Staaten der internationalen Gemeinschaft, inklusive 22 der Europäischen Union, die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt hat. Zuvor gab es endlose Diskussionen, große diplomatische Anstrengungen, eine signifikante Anzahl von Maßnahmen, die Jahre gedauert haben“, erklärt sie. Das habe zu dem Ergebnis geführt, dass es unmöglich sei, zu einer einvernehmlichen Lösung in der Frage des Status des Kosovo zu kommen.

Ist ein Kompromiss zwischen Abchasien und Georgien noch möglich?

Denkmal "Newborn"
Ein Neugeborenes, das allerdings nicht von allen geliebt wird. Bisher wurde das Balkan-Land erst von 55 Nationen anerkannt.Bild: Filip Slavkovic

Mit anderen Worten: Zwischen Serben und Kosovaren sei kein Kompromiss möglich gewesen, zwischen Südosseten beziehungsweise Abchasen und Georgiern sehr wohl.

Doch nach der Anerkennung des Kosovo fühlten sich Südosseten und Abchasen im Recht, sagt Oliver Wolleh vom Berghof Institut für Konfliktmanagement. Die Chance für Kompromisse sei damit vertan. „Sie glauben fest daran, dass sie ihren Weg in die Unabhängigkeit beschreiten und beschreiten können. Sie sind sehr weit gekommen, wenn man bedenkt, was in den letzten 17 Jahren passiert ist, sie fühlen sich also absolut bestärkt“, erklärt er.

Vor fünf Jahren fuhr der Außenminister Abchasiens noch mit Kollegen aus dem verfeindeten Georgien nach Südtirol, um Alternativen zur Abspaltung kennen zu lernen. Auf so etwas lasse sich jetzt niemand mehr ein, erläutert Wolleh.

Der Fall Kosovo macht Hoffnung

Ähnlich ist es in Transnistrien, das sich Anfang der 1990er-Jahre von der Republik Moldau abgespalten hat. „Ich glaube, der Präzedenzfall des Kosovo und viele andere Beispiele können dazu führen, dass Transnistrien anerkannt wird, weil es das Recht dazu hat und alle Voraussetzungen erfüllt“, sagt Juri Kuzmenko, Abgeordneter im Parlament des nicht anerkannten Staates.

Mit den Voraussetzungen meint er staatliche Institutionen. Und tatsächlich: In allen Separationsgebieten auf ehemals sowjetischem Gebiet sind staatliche Strukturen entstanden - und zwar ohne internationale Hilfe. Auch in Berg-Karabach im Südkaukasus sorgt die Anerkennung des Kosovo für Optimismus. „Das, was Kosovo mit internationaler Hilfe macht, machen wir schon seit mehreren Jahren aus eigener Kraft. Und ich hoffe, dass mit der Zeit die negative Haltung einiger Staaten verschwindet“, sagt Ashot Ghoulian Parlamentspräsident in Berg-Karabach.

Nicht alle werden anerkannt

In die Konflikte um Transnistrien und Berg-Karabach kommt Bewegung. Der russische Ex-Präsident Wladimir Putin hat dem Präsidenten der Republik Moldau, Vladimir Voronin, bei einem Treffen im vergangenen Frühjahr signalisiert, dass Russland sich für eine Wiedereingliederung Transnistriens in die Republik Moldau einsetzen werde, wenn die Moldauer im Gegenzug auf eine NATO-Mitgliedschaft verzichten. Voronin hat Zustimmung signalisiert.

Im Fall von Berg-Karabach bemüht sich Moskau neuerdings wieder stärker um Vermittlungen. Dazu versucht die Türkei, ihr Verhältnis zu Armenien zu verbessern. Das könnte sich gleichfalls positiv auf die Konfliktlösung auswirken. Die Chancen der Transnistrier und der Karabach-Armenier auf einen eigenen Staat sinken damit – trotz der Anerkennung des Kosovo vor einem Jahr.