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Das Kindermusical boomt

20. November 2001

Neben Harry Potter sind viele andere Helden aus dem Kinderzimmer-Regal dem Buchdeckel entstiegen. Auf der Bühne tanzen und singen neben Jim Knopf und Lukas, Petterson und Findus, jüngst auch Emil und seine Detektive.

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Plakat zum Stella-Musical "Emil und die Detektive" von Erich KästnerBild: stella

Kindermusicals sind die Renner auf Deutschlands Bühnen

Neuerfindungen sind sie nicht. Kindermusicals haben in Deutschland eine lange Tradition. Bereits seit 1947 werden am Berliner Friedrichstadtpalast Kinderrevuen aufgeführt. Momentan erlebt das populäre Genre allerdings einen regelrechten Boom. Allein in Berlin haben im November drei neue Produktionen ihre Premiere gefeiert.

Vorlagen mit Geschichte

Vorlage für das Kindermusical "Der kleine Muck", das erst kürzlich im Theater des Westens uraufgeführt wurde, ist das Hauff'sche Märchen. Es wurde von Volkmar Neumann, dem langjährigen künstlerischen Leiter der Großen Revue des Friedrichstadtpalastes bearbeitet. Auch an seiner alten Wirkungsstätte, dem größten Revuetheater Europas, wird seit kurzem mit einer neuen Kinderrevue aufgewartet. "Die Kinder der Bounty" heißt die Abenteuer-Revue für Kinder, nach Motiven des Romans "Die Meuterei auf der Bounty".

Die immer kurz vor dem Aus stehende Stella Musical Production – bekannt geworden durch "Cats", "Der Glöckner von Notre Dame" – hat nun das Kindermusical für sich entdeckt. Gleich drei Produktionen bereitete sie vor: "Der Kleine Eisbär" als Gastspiel, "Petterson und Findus" als Koproduktion und - Glanzlicht und Eigenproduktion in einem: "Emil und die Detektive", nach der bezaubernden Buchvorlage von Kästners Klassiker.

Emil jagt durch wunderbare Kulissen

Nahe am Original und ohne die erschlagenden Showeffekte auskommend, die man aus dem Stella-Musical-Repertoire gewohnt ist, bietet diese Produktion den Charme der "Hommage an Berlin", als die Regisseur Michael Pinkerton sein Stück verstanden haben will.

Wenn Emil auf der Verfolgungsjagd nach dem fiesen Ganoven und Kinderhasser Grundeis durch die Kulissen wirbelt, kann sich der Zuschauer tatsächlich ein wenig in die Illusion versetzen lassen, ein Stück Berlin der 20er Jahre nachzuerleben. Die Kulissen von Christoph Weyers sind angelehnt an die farbenfrohen und liebevollen Zeichnungen Walter Triers, dem Illustrator der Kinderbücher Kästners. Auch die Musik von Marc Schubring ist an den Klängen der "Roaring Twenties" orientiert. Es ist wie Stella betont, "die einzige von den Kästner-Erben und dem Verlag Kästners autorisierte Musiktheater-Fassung des Romans".

Bei der Premiere waren die Kinder voll dabei und sparten nicht mit Applaus, gleichwohl die Musicalfassung nicht an die Pfiffigkeit der Vorlage oder die Spannung der Filmversion heranreicht.

"Moosmutzel" und "Tabaluga" sind längst Kult

Zu DDR-Zeiten waren die Kinderrevuen von Reinhard Lakomy fest im Repertoire des Berliner Friedrichstadtpalastes verankert. Über zehn Jahre komponierte Lakomy für das Revuetheater und beglückte die Plattenfirma "Amiga" mit seinen "Geschichtenliedern". "Moosmutzel" und "Waldwuffel" sind zu Kultfiguren einer ganzen Generation geworden, ebenso wie Peter Maffays Drache "Tabaluga" im "Westen". Seit zwei Jahren feiert auch Liedermacher Konstantin Wecker mit Kindermusicals furiosen Erfolg. Gemeinsam mit dem Texter Christian Berg schrieb Wecker zwei Stücke rund um den Kinderhelden Jim Knopf. Wecker schwärmt: "Ich hatte früher nie ein Kinderpublikum bei meinen Konzerten. Aber wie Kinder die Bühne stürmen, wie sie mitsingen, wie sie das Ensemble lieben, das muss man erleben. Das war ein neuer Meilenstein meiner künstlerischen Arbeit."

Über das musikalische Revival der Kinder-Helden freut sich vor allem auch die in der Flaute befindliche Tonträger-Industrie. In diesem Jahr werden laut Branchenschätzungen mehr als eine Million Erwachsene und Kinder die rund 20 Musicals besucht haben. Mehr als 500.000 Tonträger sollen dann verkauft worden sein.