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Das große Trommeln

Leona Frommelt19. Juli 2004

In den letzten Jahren erlebte die Taiko eine ungeahnte Renaissance. Zahlreiche Gruppen machten die traditionelle Trommel über die Grenzen Japans hinaus bekannt. Ihr dumpfer Klang ist heute so beliebt wie nie zuvor.

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Schlag für Schlag ein Erlebnis für Augen und OhrenBild: AP

Unter allen traditionellen japanischen Instrumenten ist die Taiko heute wohl am populärsten. Über 4000 Laien- und Profigruppen gibt es mittlerweile in Japan. Aber auch im Ausland hat die Taiko-Begeisterung zugenommen. Vor allem in den USA, wo bereits knapp 150 Taiko-Gruppen existieren. Doch auch in jeder größeren Stadt Europas werden Taiko-Lehrgänge angeboten.

Taiko-Ensembles gibt es erst seit den 1950er-Jahren. Der Jazz-Musiker Oguchi Daihachi stellte damals Taikos unterschiedlicher Größe und unterschiedlicher Tonlagen zusammen, experimentierte mit langsamen und schnellen Rhythmen und brach so mit der jahrhundertealten Taiko-Tradition. Im alten Japan galt die Taiko als klassisches Solo-Instrument.

Tradition der Trommel

Japanische Taiko - Spielerin und Tänzerin
Japanische Taiko-SpielerinBild: AP

Das Schlagen einer Trommel bedeutete die Hinwendung zu Gott im Gebet. Diese Zeremonie hat bis heute überlebt und wird "Mikotonori" genannt. In ihr überbrückt der dröhnende Trommelklang der Taiko die Kluft zwischen dem Menschlichen und dem Göttlichen.

Bereits vor 1400 Jahren wurden Taikos als Kommunikationsmittel eingesetzt. Sie signalisierten herannahende Taifune, verschreckten Feinde auf dem Schlachtfeld oder vertrieben böse Geister. Ihr Klang war so durchdringend, dass die Dorfgrenzen mit ihrer Hilfe abgesteckt wurden: Wo man den Taiko-Schlag nicht mehr hören konnte, war das Dorf zu Ende. Noch heute gehört das Trommeln in Japan zum Leben dazu - zu jeder Feier und zu jedem Familienfest.

Die Herstellung einer traditionell gefertigten Taiko - der Name bedeutet einfach "große Trommel" - ist aufwändig. Nur besonders schwere Hölzer eignen sich für ihren Bau. Da die Trommeln aus einem einzelnen Holzklotz geschnitzt werden, braucht man für eine große Taiko Bäume, die mindestens 200 Jahre alt sind. Nach dem Fällen muss das Holz bis zu zehn Jahre getrocknet werden, bevor es bearbeitet werden kann. Der Preis einer Taiko hängt von ihrer Größe und Qualität ab. Für ein handgefertigtes Einstiegsmodell muss man knapp 2000 Euro auf den Tisch legen. Eine "O-Daiko", die bis zu 3-Meter hoch und vier Tonnen schwer sein kann, kostet bis zu 500.000 Euro.

Alte Musiktradition neu entdeckt

Über die Jahrhunderte hinweg hat sich die Taiko-Musik zu einer einzigartigen japanischen Ausdrucksform entwickelt. Beeinflusst wurde sie von vielen musikalischen Formen, sowohl fremden, als auch einheimischen. Heute ist Taiko auf dem Weg, eine wahrhaft internationale Kunstform zu werden. Zahlreiche Taiko-Bands haben sich in den vergangenen Jahren formiert, um die alte Musiktradition wieder zum Leben zu erwecken. Ondekoza, Kodo, oder auch das Shumei Taiko Ensemble feiern internationale Erfolge.

Besonders jüngere Taiko-Gruppen wollen nicht mehr stoisch am traditionellen Stil festhalten. Sie suchen nach neuen Interpretationen, indem sie Elemente westlicher Musik übernehmen. So zum Beispiel Yamato, eine Gruppe, die gekonnt das traditionelle Klangbild mit den Mustern heutigen Musikverständnisses vereint. Sie spielen eine kontrastreiche Mischung aus enthusiastischer Wucht und leisen Tönen, die sich in abwechslungreicher Tonfolge aneinander reihen. Seit mehr als zehn Jahren sind die Konzerte Yamatos weltweit ausverkauft.

Beliebt in der Raver-Szene

Gleichermaßen erfolgreich ist die Newcomer-Band unter den Taiko-Gruppen, Gocoo. Gocoo steht für hypnotischen Sound und atemberaubende Rhythmen. Ihren größten Erfolg hatten Gocoo bislang in Hollywood: Sie trommelten für die Blockbuster-Trilogie Matrix. Die Gruppe besteht aus sieben Trommlerinnen, vier Trommlern und einem Didgeridoo-Spieler. Die enorme Energie und Ausgelassenheit der Künstler, angeführt durch Lead-Drummerin Kaoly Asano, die ihre Musiker zu immer schnelleren Rhythmen antreibt, ist ansteckend. Die Gruppe selbst beschreibt ihren Stil als Techno-Taiko und tritt auch immer wieder bei Techno-Veranstaltungen auf. So lassen sich auch die Raver Tokyos von Gocoos trance-ähnlichen Trommelwirbeln berauschen.

Wer Gocoo, Yamato und das Shumai Taiko Ensemble live erleben will, muss sich nicht extra in den Flieger nach Japan setzen. Die Taiko-Gruppen trommeln sich diesen Sommer durch die Welt.