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Megaupload und Co.

20. Januar 2012

Die neuesten Filme direkt auf dem Computer, wie kann das gehen? Daten-Speicher-Anbieter liefern die Plattform dafür. Der Anbieter "Megaupload" wurde jetzt allerdings gesperrt. Zuvor haben die Macher Millionen verdient.

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Logo des ehemaligen Internet Daten-Speicher-Anbieters Megaupload(Foto: DW)
Bild: DW / C.Walz

Spätestens seit diesem Freitag (20.01.2012) hat das abstrakte Internet-Thema File-Hosting ein Gesicht, wenn auch keinen einheitlichen Namen: Der im norddeutschen Kiel geborene Kim Schmitz, der sich auch Kim Dotcom, Kimble und Kim Tim Jim Vestor nennt, ist der Gründer des File-Hosters Megaupload.com. Dieser Daten-Speicher-Anbieter ist nicht mehr erreichbar, die US-Behörden haben den Zugang gekappt. Kim Schmitz wurde von Polizisten in Neuseeland festgenommen, ihm droht nun eine Jahrzehnte lange Haftstrafe.

Kim Schmitz posiert in schwarzem Anzug vor Luxuswagen und Businessjet (Foto: Reuters)
Selbstdarsteller und vorbestrafter Internet-Millionär: Kim SchmitzBild: Reuters

Der Vorwurf des US-Justizministeriums: Schmitz soll sich der organisierten Kriminalität schuldig gemacht haben. Durch Internet-Piraterie habe er mehr als 175 Millionen Dollar eingenommen. Damit habe er sich in Neuseeland ein Luxusleben aufgebaut, mit dutzenden Oberklasse-Limousinen, einer der teuersten Villen des Landes und dubiosen Partys. Das Geld sei von seiner Internet-Seite Megaupload.com gekommen, dort wurde hauptsächlich Speicherplatz angeboten. Die großen Computer, auf denen der Speicherplatz zur Verfügung gestellt wurde - die Server - standen vor allem in den USA.

Die Grundidee ist neutral

Grundsätzlich ist es nicht verboten, Speicherplatz für Daten anzubieten. Wenn jemand ein langes Urlaubsvideo gedreht hat, das er wegen der Größe nicht per E-Mail verschicken kann, dann kann er dieses Video bei einem Daten-Speicher-Anbieter wie Megaupload hochladen. Der Anbieter gibt dann einen Link heraus, unter dem das Video zu finden ist. Auf diese Weise kann man seine Urlaubserinnerungen mit Freunden auf der ganzen Welt teilen. Jeder, der den passenden Link erhält, kann sich das Video auf seinen Computer herunterladen und ansehen.

Die Grundidee dieses Systems sei also neutral, sagt Holger Bleich vom Computermagazin c't. "Der Urdienst 'Rapidshare', der dieses Prinzip 2004 sozusagen erfunden hat, hat genau damit anfangs auch geworben. Den Sinn, Raubkopien zu verteilen und illegale Aktivitäten zu starten, hatten diese Dienste anfangs nicht."

Millionen verdienen mit illegalen Inhalten

Problemfeld Internet-Piraterie (Foto: Fotolia/treenabeena)
Problemfeld Internet-PiraterieBild: Fotolia/treenabeena

Denn dieses System funktioniert nicht nur mit Urlaubsvideos, sondern auch mit allen anderen denkbaren Dateien: Bilder, Texte, Hörbücher, Spielfilme oder Musik. Viele dieser Dateien sind urheberrechtlich geschützt, die Verbreitung ohne Zustimmung des Rechteinhabers ist also illegal. Trotzdem finden sich diese Dateien bei dutzenden Daten-Speicher-Anbietern. Während ein Urlaubsvideo nur ein paar Freunde interessiert, möchten Millionen Menschen weltweit den neuesten Harry-Potter-Film sehen. Und damit lässt sich Geld verdienen.

Wer Daten von Anbietern wie Megaupload herunterladen will, erhält zunächst nur einen sehr eingeschränkten Zugriff. Die Downloads dauern unnatürlich lange, oft muss man auch einige Minuten warten, bis man an der Reihe ist. Wer das Angebot im vollen Umfang nutzen will, muss zahlen, erklärt Computer-Redakteur Holger Bleich. "Es gibt viele Menschen die den kostenpflichtigen Dienst gewählt haben, der dann acht bis zehn Euro im Monat kostet. Dann hat man unbeschränkte Bandbreite und kann immer sofort herunterladen."

"Schurken helfen Schurken"

Für 260 Dollar habe es zudem ein lebenslanges Abo gegeben, allein dadurch sollen der Anklage zufolge 150 Millionen Dollar zusammen gekommen sein. Weitere 25 Millionen Dollar seien mit Online-Werbung verdient worden. Bleich zufolge ist auch dieses Geschäftsfeld nicht immer legal gewesen: "Es wurde Werbung zum Beispiel für kostenpflichtige Hackerportale, aber auch für die berühmt berüchtigten Abo-Fallen geschaltet. Damit wurden die Leute dazu gebracht, sich Schadsoftware herunterzuladen. Das hat wiederum anderen Schurken geholfen. Das ganze ist ziemlich eng miteinander verzahnt."

Person vor einem Bildschirm, auf dem ein Film läuft (Foto: Emanuel Herm)
Warum ins Kino gehen, wenn der Film schon online ist?Bild: Emanuel Herm

Dass viele Internet-Nutzer Interesse an möglichst kostengünstigen Filmen und Serien haben, steht außer Frage. Dass viele nicht so genau hinschauen, ob ein Angebot nun legal oder illegal ist, ebenfalls. Die Nachfrage ist also da, aber woher kommt das Angebot? Wer lädt die illegalen Inhalte ins Netz und warum? Holger Bleich sieht vor allem zwei Gruppen: "Einige Idealisten stehen in Konkurrenz zueinander, nagelneue Filme möglichst schnell online zu stellen. Die verdienen gar nichts daran, es geht nur um den Ruhm." Eine weitere Gruppe dagegen werde von Anbietern wie Megaupload sogar für das Online-Stellen bezahlt: "Eins der Prinzipien, das man diesen Diensten wirklich vorwerfen kann ist, dass sie das massenhafte Hochladen von großen Dateien belohnen. Jemand, der viel hochlädt, bekommt zum Beispiel Prämien, Vergünstigungen oder Geschenke. Damit werden vor allem Menschen, die Raubkopien auf den Markt stellen, begünstigt."

Das Tauschen illegaler Inhalte geht weiter

Ob man diese Machenschaften im Fall Megaupload auch nachweisen kann, stellt Computer-Redakteur Bleich aber infrage: "Ich bin sehr gespannt, was die Behörden tatsächlich finden werden und ob da nicht unheimlich viel verschlüsselt ist an Nutzerdatenbanken. Das FBI könnte am Schluss mit viel weniger Wissen über die Strukturen dastehen als man zunächst dachte."

Ohnehin ist der Zugriff auf "megaupload.com" zwar gesperrt, dutzende weitere Anbieter sind aber nach wie vor auf dem Markt und bieten weiterhin illegale Inhalte an. "Megaupload war schon ein sehr großer Player", meint Bleich. Den Betreibern zufolge habe es 180 Millionen registrierte Nutzer gegeben. "Aber diese Dienste gibt es weiter und es werden auch wieder neue entstehen, wenn andere verschwinden."

Neue US-Gesetze könnten die Internet-Wende bringen

Anonymous-Logo
"Anonymous" attackierte nach der Sperrung von Megaupload US-Seiten

Ändern könne das nur eine grundlegende Neuausrichtung des Internets, so wie es die USA jetzt mit zwei Gesetzesvorschlägen planen. "Man möchte die Möglichkeit haben, bestimmte Seiten, die urheberrechtlich geschützte Inhalte anbieten, zu sperren. Wenn solche Portale gesperrt werden, dann kann man natürlich diesen Markt doch wesentlich empfindlicher stören als durch die Herausnahme eines einzelnen Anbieters." Bisher hätten die USA als Mekka gegolten für Daten-Tausch-Anbieter, meint Holger Bleich. Aber das werde sich jetzt wahrscheinlich ändern.

Mehrere große Internet-Player - darunter auch Wikipedia - befürchten durch die geplanten Gesetze eine zunehmende Zensur im Internet. Sie haben angefangen, dagegen zu protestieren, unter anderem auch dadurch, ihre Internet-Seiten für einen Tag symbolisch abzuschalten. Die lose Hacker-Gruppierung Anonymous attackierte nach der Sperrung von "megaupload.com" mehrere US-Regierungs- und Musikindustrie-Seiten. Den Vorwurf der Zensur hält Computer-Redakteur Bleich in gewissem Rahmen für berechtigt, die Aktion von Anonymous dagegen sieht er als kontraproduktiv an: "Das ist völliger Quatsch und auch kindisch. Ich kann nicht verstehen, was Anonymous damit bezwecken will. Sympathien oder Gespächsbereitschaft wird man dadurch sicherlich nicht erzeugen."

Autor: Klaus Jansen
Redaktion: Nils Naumann