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Kaum Strafen bei der Bekämpfung von Korruption

Jochen Faget2. März 2009

Portugal steht schlechter da als Chile oder Qatar: Auf dem Korruptionsindex von Transparency International liegt das Land 2008 auf Platz 32. Oft helfen hier ein paar Scheine weiter – ob beim Arzt oder beim Handwerker.

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Geldbündel in Waage
Dem Gewicht des Geldes wiegt das der Moral nicht entgegen - zumindest in der alltäglichen BestechungspraxisBild: AP

Auf dem Schreibtisch der Staatsanwältin Maria José Morgado türmen sich die Akten.

Die Leiterin der Anti-Korruptions-Abteilung kämpft seit Jahren gegen Korruption in Portugal. Dennoch ist sie nicht sehr optimistisch: Es deute nichts auf eine Veränderung in Sachen Korruption hin, sagt sie. "Das Fleisch ist eben schwach, die Menschen sind keine Heiligen. Obendrein muss niemand Angst haben, bestraft zu werden. Wer ist denn schon bis jetzt wegen Korruption in die Bredouille gekommen?“, fragt Morgado.

So gut wie niemand - das ist tatsächlich das Problem. Dabei fehlt es nicht an Verdächtigungen und Anklagen: Maria José Morgado nennt Bürgermeister, die schwarze Kassen führen oder bei Immobiliengeschäften illegal kräftig mitverdienen, sowie hohe Fussballfunktionäre, die Schiedsrichter bestechen. In diesen Fällen werde seit Jahren ermittelt oder verhandelt – bislang ohne Ergebnis, sagt die Staatsanwältin.


Hindernisse beim Kampf gegen die Korruption

Korruption gehöre eben zum täglichen Leben in Portugal, bestätigt auch Pedro Bacelar Vasconcelos, Professor für Verfassungsrecht im nordportugiesischen Braga. “Wir beurteilen das, was man zivilisierterweise Korruption nennt, nach uralten Praktiken, die nichts mit einem modernen Staat zu tun haben“, erklärt er. Sprich: Wenn es früher gut war, dass ein Freund mir einen Gefallen getan hat, kann das heute doch nicht Unrecht sein. Auch wenn dieser Freund bei der Polizei ist und einen Strafzettel verschwinden lässt.

Es gebe einfach kein Unrechtsbewusstsein, sagt Staatsanwältin Morgado und erzählt vom Fall eines Ex-Präsidenten eines großen Fußballvereins: Sie habe gegen ihn ermittelt, weil er teure Sportwagen gefahren sei und öffentlich damit angegeben habe, keine Steuern zu bezahlen. Doch die Bemühungen sind bislang erfolglos, weil die Steuerbehörden seine Akte nicht herausrückten. "Es ist eine schwere Arbeit mit Problemen auf allen Ebenen: Wir haben Schwierigkeiten, Beweise zu beschaffen, Schwierigkeiten bei der Anerkennung dieser Beweise vor Gericht, Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit mit der zivilen Gesellschaft“, erzählt sie.


Ein Kampf gegen Windmühlen?

Korruption ist auch Teil des täglichen Lebens: Weil die Wartezeiten für Operationen mehrere Monate dauern, schlagen Ärzte vor, Patienten gegen Barzahlung privat zu operieren - umgehend und im gleichen staatlichen Krankenhaus. Und Handwerker kämen sofort, wenn man sage, man brauche keine Rechnung, erzählt Stefan Stieb, der seit 20 Jahren in Portugal lebt. "Gegen diese Mentalität vorzugehen, ist sicherlich schwer.“

Staatsanwältin Morgado will trotzdem die Korruption in ihrem Land bekämpfen. "Steter Tropfen höhlt den Stein“, sagt sie und vertieft sich wieder in die Akten auf ihrem riesigen Schreibtisch.