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Per Fahrrad unterwegs

7. Mai 2010

Umweltfreundlich reisen, das geht am besten auf zwei Rädern. Aber wie gut kommt man damit durch Deutschland? Das haben wir im Selbstversuch getestet.

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Das Rennrad und das Pedelec
Ein ungleiches Paar: Rennrad und PedelecBild: Joscha Weber

Leises Surren begleitet uns. Fünf Tage lang, 370 Kilometer. In Sebnitz, an der Grenze zu Tschechien, schwingen wir uns auf unsere Räder. Unsere Mission: Von hier aus fahren wir bis zum Mittelpunkt Deutschlands. Der liegt in dem kleinen thüringischen Dorf Niederdorla.

Rennrad
Das Rennrad wiegt nur acht KiloBild: DW/Moll

Schon die erste Etappe verlangt uns einiges ab. Die Sächsische Schweiz macht ihrem Namen alle Ehre. Wie in dem Alpenland ist es bergig. Im Sattel sitzen geht nicht mehr, an den steilen Anstiegen müssen wir uns in die Pedale stellen .

Kraftprobe am Berg

Fehlen Training oder Kraft, hilft die Pause. Oder der Elektromotor. Der Motor treibt mit seinen vier Gängen das Fahrrad an. Im ersten Gang steuert er 25 Prozent zur Muskelkraft bei, im vierten sogar 300 Prozent. In die Pedale muss ich also trotz allem treten. Bis zu 25 km/h treibt der Motor das Pedelec an, einen Führerschein brauche ich dafür nicht.

Der Pedelec-Akku
Der Akku versorgt den Elektromotor mit EnergieBild: Joscha Weber

Kein Summen, kein Brummen, der Elektromotor macht keinen Mucks. Er würde gar nicht weiter auffallen, wenn nicht das Fahrrad so schwer wäre. 25 Kilo wiegt es allein mit Akku und Motor. Am Gepäckträger sind zusätzlich zwei Taschen angebracht, mit dem Nötigsten, was man für eine 5-Tage-Tour so braucht.

"Allein um das auszugleichen, brauchst du am Berg ja den zweiten Gang", witzelt Joscha. Ich schalte in den Vierten. Joschas Rennrad wiegt dagegen nur acht Kilo. "Insofern habe ich natürlich einen Vorteil", sagt er. Das ist nicht sein einziger Vorteil. Gut 12.000 Kilometer radelt er pro Jahr, fährt Rennen über lange Strecken.

Mit Energie haushalten

Gut trainiert oder nicht, die körperlichen Kräfte teilen wir uns gut ein auf unserer Reise. Tagsüber ernähren wir uns von klebrig-süßen Energieriegeln. Die Energie des Akkus lade ich über Nacht auf. Dafür schließe ich ihn an eine gewöhnliche Haussteckdose an. Der Akku geht schneller zur Neige, wenn ich viel in der höchsten Stufe fahre. Tagsüber tankt er hingegen wieder auf, wenn ich beim Bergabfahren den so genannten Rekuperatuionsmodus einschalte. Der bremst das Fahrrad und der Motor erzeugt Energie für den Akku.

Mit dem Fahrrad am Berg
Die Route hält steile Anstiege bereitBild: DW

Unsere nächste Etappe führt die Elbe entlang. Die Elbe ist der zweitgrößte Fluss Deutschlands, und Radfahrer haben ihren Radweg sechs Mal in Folge zum Beliebtesten in Deutschland gewählt. Hier rollen wir ebenerdig und erholen uns von den Strapazen. 18 Grad, die Sonne scheint am blauen Himmel. Und das im sonst so grauen, kühlen Monat März. Doch plötzlich geht’s nicht weiter.

Der Fluss schwillt an

Der idyllische, gut ausgebaute Elbradweg ist überschwemmt. Mehrere Radfahrer haben sich schon versammelt und beobachten die Szenerie. Margit Hoffmann lebt in Meißen, einige Kilometer weiter. Sie ist diesen Anblick gewohnt. "Das passiert im Jahr zwei bis drei Mal, manchmal auch öfter", erzählt sie. "Vor allem wenn in den Bergen der Schnee schmilzt, so wie jetzt zur Zeit. Im Herbst sind es dann ganz starke Regenfälle, die die Elbe anschwellen lassen."

Seit dem Elbhochwasser 2002 sind die Deiche saniert worden, die hochwasserbedrohten Flächen dürfen nicht mehr genutzt werden. Der Radweg verläuft ganz nah am Wasser, er wäre also nur hochwassergeschützt, wenn man ihn komplett umleitet. Wir drehen um und fahren den Umweg über die oberhalb verlaufende Hauptverkehrsstraße.

Auf Deutschlands Straßen

Die letzte große Etappe bricht an, es geht quer durch Thüringen. Unsere Route weist uns das Fahrrad-Navigationsgerät. Das hat Joscha an seinem Lenker angebracht. Wir verfahren uns damit nur selten. Autobahnen vermeidet das Navi automatisch, aber jetzt leitet es uns auf eine Bundesstraße.

Outdoor-Navigationsgerät
Das Outdoor-Navi weist den WegBild: DW

Zwar gibt es in Deutschland rund 200 Radfernwege mit mehr als 70.000 Kilometern. Wir haben auf dieser Strecke allerdings keinen davon erwischt. Am Rand der belebten Straße drücken wir uns entlang, Autos und Laster brausen vorbei. Kein angenehmes Gefühl, wir sind hier sehr vorsichtig. Immerhin, hier schüttelt uns nicht das Kopfsteinpflaster, das uns in manchen Städten zu schaffen gemacht hat.

Radlerland Deutschland?

Ist Deutschland ein radfahrerfreundliches Land? Für jene, die sich in ihrer Freizeit an den schönsten Radfernwegen erfreuen, ganz sicher. Da verwöhnen glatte, gut ausgebaute Wege das Radlerherz. Wir allerdings wollten einen bestimmten Ort zu einem festen Termin erreichen: die Mitte Deutschlands in Niederdorla.

Zimperlich durften wir dabei nicht sein, vor allem, was den Abstand zu überholenden Autos angeht. Autofahrer hierzulande scheinen die Straßen ausschließlich für sich in Anspruch zu nehmen. Unsere Anwesenheit veranlasste die Fahrer gerade in den Städten zu wildem Gehupe. Aber wir sind heil angekommen, das ist die Hauptsache. Und am Ziel wartet das verdiente Radler auf uns.

Autorin: Brigitta Moll

Redaktion: Monika Griebeler