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Das Ende von VW in den USA?

Thorsten Schröder/Sophie Schimansky (New York)18. März 2016

In den USA ringt Volkswagen mit den Behörden um eine Lösung im Diesel-Skandal. Doch die ist nicht in Sicht. Könnte dies das Aus der Deutschen auf dem schwierigen US-Markt sein? Sophie Schimansky aus New York.

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VW Logo Symbolbild mit US-Flagge
Bild: picture-alliance/dpa

"Mein erstes Auto war auch ein Volkswagen, ein Käfer aus dem Jahr 1976", so der Abgeordnete Tim Murphy noch im September bei einer ersten Anhörung zum Diesel-Skandal. "Ich habe dieses Auto geliebt." Von der alten Liebesbeziehung merkt man dieser Tage wenig. Die US-Behörden gehen hart gegen die Deutschen vor. Mehr als 40 Milliarden Dollar Strafe drohen dem Konzern in den USA im schlimmsten Fall, mit den Nachbesserungsvorschlägen von Volkswagen.

Viele fragen sich angesichts dieses Vorgehens, ob die Amerikaner gegenüber einem ausländischen Unternehmen vielleicht härter vorgehen als gegenüber einem heimischen Konzern. Ganz so einfach sei es nicht, sagt Peter Henning, Rechtsprofessor an der Wayne State Universität in Detroit und Experte für Wirtschaftskriminalität. "Dass die ausländischen Unternehmen anders behandelt werden, hat auch kulturelle Gründe. Ein Konzern wie Volkswagen ist es nicht gewöhnt, sich mit dem US-Justizministerium oder der hiesigen Umweltbehörde auseinanderzusetzen."

Besondere Fehler

Die Wolfsburger hätten sich in den vergangenen Monaten Fehler geleistet, die die Behörden verärgert hätten - und die US-Firmen nicht machen würden. “Die kennen sich schlicht besser aus und können zumindest schneller die nötige Expertise einholen. Volkswagen ist dagegen sehr isoliert. Hacken die US-Behörden stärker auf ausländischen Firmen rum? Auf gewisse Weise schon, weil die sich anders verhalten."

Die Deutschen mit hohen Strafen gar aus dem Markt zu drängen und so die heimischen Autobauer zu stärken, macht für die Amerikaner wenig Sinn. Volkswagen hat in den USA seit Jahren einen Marktanteil von rund zwei Prozent. Angesichts der schwachen Zahlen spekulierten Beobachter schon 2007, ob die Deutschen möglicherweise aufgeben könnten. Neben General Motors und Ford sind es vor allem japanische Hersteller wie Honda oder Toyota, die den Markt dominieren. Gegen ein kleines Licht wie VW so rabiat vorzugehen, lohne sich deshalb nicht, sagt Henning.

Angst um Jobs

Im Gegenteil: Die amerikanischen Politiker haben sogar ein Interesse daran, die Deutschen am Markt zu halten. Denn seit wenigen Jahren betreibt der Autobauer in Chattanooga im US-Bundestaat Tennessee wieder ein eigenes Werk, in dem neben dem Passat schon bald ein SUV vom Band rollen soll. Der Bau war mit Millionen von amerikanischen Steuergeldern unterstützt worden. Hinzu kommt ein riesiges Netz an VW-Händlern. “Es wäre fatal, wenn all diese Jobs wegfielen", sagt deshalb Peter DeLorenzo, selbst ein Veteran der Branche und bekannter Auto-Blogger. Niemand in Washington wolle sich später sagen lassen müssen, er habe Volkswagen aus Amerika vertrieben und tausende Menschen arbeitslos gemacht.

Und auch für die Deutschen selbst wäre es unklug, den US-Markt wegen der laufenden Probleme zu verlassen. Die USA sind einer der größten Automärkte der Welt, allein dieses Jahr sollen mehr als 16 Millionen Fahrzeuge verkauft werden. Ein Rückzug aus Amerika würde mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Aufgabe der Märkte in Kanada und Mexiko nach sich ziehen. “So einen Markt können Sie nicht ihren Rivalen überlassen, wenn Sie ein globaler Konzern sein wollen", meint Peter Henning. Keine Firma wolle schließlich eingestehen müssen, dass sie es nicht geschafft habe, im Wettbewerb zu bestehen.

Experten sind optimistisch

Dass die Wolfsburger die Krise hinter sich lassen und weiterhin Teil des US-Geschäfts sein werden, daran haben Experten keinen Zweifel. Volkswagen sei nach wie vor eines der erfolgreichsten Unternehmen der Welt und habe das nötige Kapital, eine saftige Strafe zu verkraften, so Henning - egal, wie hoch diese letztlich ausfalle. Für das Unternehmen und seine Investoren gehe es vor allem darum, den Skandal so schnell wie möglich zu vergessen.

Dass das zu schaffen ist, hat die Konkurrenz in den vergangenen Jahren gezeigt. Erst im vergangenen Jahr musste der US-Autobauer General Motors fast eine Milliarde Dollar zahlen, weil zahlreiche Modelle Probleme mit der Zündung hatten. In Unfällen waren dutzende Fahrer gestorben. Auch der japanische Hersteller Toyota war auf dem amerikanischen Markt ins Straucheln geraten, nachdem es wiederholt zu Fällen gekommen war, in denen die Wagen ohne Zutun des Fahrers plötzlich beschleunigten. Die Kunden habe das nicht lange davon abgehalten, die Marken zu kaufen, sagt Peter Henning. “Die meisten Verbraucher werden das Ganze in wenigen Jahren vergessen haben.”