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Das Berlay-Monster erwacht

Bernd Riegert1. September 2004

Manchmal bewegen sie sich wie von Geisterhand - die ferngesteuerten Glaslamellen an der Fassade des größten Bürogebäudes im Europaviertel in Brüssel. Und drinnen herrscht hektische Geschäftigkeit.

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Bernd Riegert
Bernd Riegert

Der Innenausbau des Berlaymont-Gebäudes geht in den Endspurt. Im Herbst will hier der neue EU-Kommissionspräsident Jose Barroso hier mit 2700 EU-Beamten einziehen. Unglaubliche dreizehn Jahre lang wurde das asbestverseuchte Verwaltungsherz der EU entkernt, total saniert und wieder neu aufgebaut.

Für 552.879.207 Euro kaufte die EU-Kommission das Beamtensilo vom belgischen Staat, der sich Gegenzug zur Renovierung verpflichtete. Da sich die Bauarbeiten immer weiter verzögerten, sind inzwischen Konventionalstrafen fällig. Belgien muss nach Schätzungen etwa 600.000.000 Euro für die Sanierung berappen. Dafür gibt es 16 prall gefüllte Etagen mit neuster Klima- und Kommunikationstechnik. Zwölf über der Erde, vier unter der Erde.

"Beamtenheer"

Als 1967 die ersten EU-Beamten in das Berlaymont einzogen, passte fast die gesamte EU-Kommission in dieses einzige Gebäude. Heute ist das Beamtenheer auf über 15.000 angeschwollen. Im Berlaymont werden nur der Präsident, seine engsten Mitarbeiter, die Kommissare und deren Stäbe Platz finden. Alle anderen Beamten bleiben weiter über die Stadt verstreut.

Gekrönt wird die europäische Regierungszentrale von einem eiförmigen mit mattem Stahlblech verkleideten Sitzungssaal auf dem Dach. Nun wird überlegt, ob der exponierte Konferenzraum überhaupt von der EU-Kommission genutzt werden sollte, schließlich könnten El Kaida-Terroristen mit einem Kleinflugzeug die gesamte Creme der europäischen Verwaltung attackieren, immer mittwochs von 9.00 bis 15.00 Uhr, wenn die Kommission tagt.

Monster-Gebäude

Peter Guilford, früher Sprecher der Kommission, sagte der Financial Times, die Wiedereröffnung des Berlaymont sei auch ein Zeichen des Neuanfangs für die Union der 25. Das Gebäude sei damals wie heute ein Symbol für die europäische Integration. Verglichen mit den düsteren, linoleum-ausgelegten Gängen des alten Berlay-"Monsters", wie es altgediente EU-Beamte scherzhaft nennen, hat das geliftete Gebäude nichts mehr gemein. Auch die Orientierung soll durch farbliche Akzente verbessert werden. Früher wusste man nie, in welchem Gebäudeflügel man eigentlich umherirrte.

Mit dem neuen Gebäude wird die Sprachenvielfalt der Union in Stein gehauen. Pro Konferenzraum und im Pressesaal wird es nun endlich, Monate nach der Erweiterung, ausreichend Übersetzerkabinen für die mittlerweile 20 Amtssprachen der Union geben. Das Berlaymont soll ein offenes Gebäude sein und die Bürger zum Dialog einladen. Das wünscht sich der Architekt Prof. Henri Vander Eycken.

Edelpflaster

Die Außenanlagen sind auf mehreren terrassenartigen Ebenen edel gepflastert. Ob die Bürger kommen ist unklar, aber die Skateboarder werden auf jeden Fall kommen. Das ist doch die beste Skater-Fläche in ganz Brüssel, meinte ein EU-Beamter, der selber einen Rollbrett fahrenden Sohn hat.