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"Das Ausmaß dieser Fälschung ist unglaublich"

Die Fragen stellte Kay-Alexander Scholz10. Januar 2006

Die gefälschten Stammzellen-Studien des südkoreanischen Klonforschers Hwang Woo Suk haben schwer wiegende Folgen für die Wissenschaft. DW-WORLD hat dazu bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft nachgefragt.

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Hwang wollte Wissenschaftsgeschichte schreibenBild: dpa

DW-WORLD: Frau Dr. Annette Schmidtmann, wie bewerten Sie den Fälschungsskandal in Südkorea?

Annette Schmidtmann: Wir sind regelrecht schockiert, wenn die Arbeiten echt gewesen wären, hätte sich für die Patienten orientierte Forschung ein riesiges Fenster geöffnet. Nämlich wie man bestimmte Krankheiten von Grund auf hätte untersuchen und verstehen können. Das hätte der Forschung unglaubliche Möglichkeiten eröffnet. Das alles ist jetzt wie ein Kartenhaus zusammen gefallen, das ist schon hart. Das Ausmaß dieser Fälschung ist unglaublich.

Lässt sich quantifizieren, um wie viele Jahren die Forschung auf dem Gebiet des therapeutischen Klonens und der Stammzellenforschung durch den Fälschungsskandal zurückgeworfen wurde?

Das kann man schwer sagen. Es sind weitweit einige Gruppen dabei, durch die Technik des Kerntransfers, patientenspezifische Zelllinien zu produzieren. Hwang war der erste, der publiziert hat, er habe das erfolgreich hinbekommen. Es wird sicherlich noch einige Jahre dauern, bis anderen Gruppen es wieder wagen werden, mit solchen Ergebnissen an die Öffentlichkeit zu gehen. Durch diese Vorsicht ist sicherlich ein zeitlicher Verzug von ein bis zwei Jahren zu erwarten.

Welchen Stellenwert wird der Skandal rückschauend haben?

Ich hoffe, dass die Wissenschaft daraus lernt, dass angeblich bahnbrechende Arbeiten sehr viel sorgsamer von vermutlich mehr Gutachtern kontrolliert werden müssen, und dass man mit einem Gutachterteam vor Ort fahren muss, um die Daten zu überprüfen, ob sie der Wahrheit entsprechen.

Zweitens werden Arbeiten wie die von Hwang zukünftig international wiederholt werden müssen. Ein bahnbrechendes Ergebnis kann eigentlich nicht nur auf den Ergebnissen der Arbeit einer Person beruhen, sondern es muss möglich sein, die Arbeiten von anderen Gruppen in der Welt zu verifizieren.

Doktor Annette Schmidtmann ist Programmdirektorin im Bereich Lebenswissenschaft bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG und dort speziell auch für die Stammzellenforschung zuständig.