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Beschützer statt Täter

Monika Hoegen24. Dezember 2008

Deutsche Polizisten sind in vielen Ländern im Einsatz, um das Gut Menschenrechte auch in Polizeistationen politisch instabiler Länder zu bringen. Kann diese Form der Ausbildung gut gehen?

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Polizisten in Liberia (2005), Foto: AP
Polizisten in Liberia (2005)Bild: AP

Sie sind im Einsatz in Bosnien oder Liberia, Afghanistan, Georgien oder den Palästinensergebieten: Seit 1994 beteiligen sich deutsche Polizisten an internationalen Friedensmissionen unter Federführung internationaler Mandatgeber, wie den Vereinten Nationen (UNO) oder der EU, sowie an Polizeihilfeprojekten. Meist geht es um Aufbau und Ausbildung der Polizei in diesen Krisenregionen und dabei auch immer wieder darum, für die Einhaltung von Menschenrechten zu sorgen.

Im Dezernat 13 des Landesamtes für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei in Brühl bei Köln werden Polizisten aus dem Bundesland Nordrhein-Westfalen auf ihre schwierige Aufgabe vorbereitet. In so genannten Basistrainings lernen sie nicht nur, wie man mit kulturellen Unterschieden vor Ort umgeht, sondern auch, wie man vor Ort überhaupt erst einmal ein Bewusstsein für Menschenrechte bei lokalen Ordnungshütern schaffen kann und muss.

Zu lange Haftzeiten ohne Anklage

Kein leichtes Unterfangen, weiß Ulrich Schiefelbein, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit der Ausbildungsstätte. Schiefelbein war selbst von Mai 2007 bis Frühjahr 2008 im Auslandseinsatz im westafrikanischen Liberia tätig und kennt die größten Probleme vor Ort. In Liberia komme es zum Beispiel regelmäßig vor, dass Menschen, die festgenommen werden, zu lange in den Zellen blieben. Die UNO strebt in Liberia und in anderen Ländern an, das Personen nicht länger als 24 Stunden in Haft seinen dürfen, ohne dass sie einem Haftrichter vorgeführt werden. Aufgabe der deutschen Polizisten im Auslandseinsatz sei es beispielsweise, dafür zu sorgen, dass Festgenommene entsprechend behandelt und auch wieder rechtzeitig entlassen werden, wenn es nicht zu einer Anklage kommt.

Hört sich in der Theorie gut an, ist aber in der Praxis oft schwierig zu realisieren. Gerade in kriegs- und krisengeplagten Ländern wie Liberia mit einem fast völlig zerstörten Straßenwesen sind entlegene Polizeistationen oft nur durch mühsame, tagelange Anfahrten, über schlechte Schlammpisten, mit dem Hubschrauber oder gar nicht zu erreichen. Eine regelmäßige Kontrolle ist da kaum möglich. Die einheimischen Polizisten, ob in Liberia, Afghanistan, den Palästinensergebieten oder anderswo sind zudem schlecht bezahlt, schlecht ausgerüstet, schlecht ausgebildet und damit auch schlecht motiviert und leicht bestechlich - keine guten Voraussetzungen für die Einhaltung von Menschenrechten.

Schwierig: Im Umgang mit Kollegen das richtige Maß zu finden

Auch die internationale Zusammensetzung der Polizeiausbildungskontingente unter dem Dach der UNO kann ein Problem sein, weiß Schiefelbein: "Im UN-System sind auch andere tätig, die es aus ihren eigenen Ländern nicht immer ganz so genau nehmen mit den Menschenrechten. Es ist schwierig für die deutschen Polizisten, da immer das richtige Maß zu finden, ohne hinterher angefeindet zu werden."

Hinzu kommt: Nicht immer sind die Polizisten vor Ort auch gewillt, die Ratschläge ihrer deutschen und anderen internationalen Kollegen anzunehmen und umzusetzen. Eine Chance sieht Schiefelbein aber in der Ausbildung der jungen Polizei-Generation. "In Liberia habe ich die Erfahrung gemacht, dass die junge Polizei, und das sind ja sehr, sehr junge Polizisten, dass die sehr dankbar sind für jeden Hinweis, und dass sie auch bemüht sind, diesen Hinweisen zu folgen."

Misstrauische Bevölkerung

Das Misstrauen auf Seiten der Bevölkerung gegenüber ihrer eigenen Polizei abzubauen, ist ebenfalls ein schwieriges Unterfangen. Denn die Menschen in Konflikt- und Post-Konfliktstaaten haben oft über viele Jahre hinweg schlechte Erfahrungen mit ihren Ordnungshütern gemacht. Eine Polizei, die nicht korrupt ist und die Menschenrechte, auch die der Gefangenen, wahrt? Das ist vielerorts kaum vorstellbar.

In Liberia hat man deshalb zusätzlich zu der international gesteuerten Ausbildung der Polizisten noch eine andere Lösung gefunden, um das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen: Es werden mehr und mehr Frauen für den Polizeidienst angeworben. Der junge Polizeiinspektor Alex Neewray begründet es damit, dass die meisten besser zuhören würden, wenn eine Frau in der Polizeigruppe dabei sei. "Bei manchen Themen haben die Verdächtigen, oder wer auch immer, mehr Vertrauen in die Frau. Ihre Anwesenheit kann beruhigend wirken, so dass es nicht zum Ausbruch von Gewalt kommt. Wenn es nach mir ginge, würde ich alle Frauen ermutigen, bei uns mitzumachen", sagt Neewray.

Diplomaten in Uniform?

Und wie steht es mit den internationalen Ausbildern, also zum Beispiel den ins Ausland entsandten deutschen Polizisten selbst? Wer garantiert, dass sie sich an ihre eigenen Standards in Sachen Menschenrechte halten? Schiefelbein meint: "Die deutschen Kollegen stehen eigentlich ständig auch unter der Aufsicht ihrer Kontingentsleiter und der anderen Nationen. Man kann natürlich für niemanden die Hand ins Feuer legen. Aber wir sind bemüht, Diplomaten in Uniform zu sein und tun möglichst alles, um Rechtsstaatlichkeit nach außen zu tragen."

Ein deutscher Polizist spricht in der von der deutschen Polizei geleiteten Schule in Kabul mit Polizeischülern (Foto: dpa/2007)
Aufmerksame Zuhörer: afghanische Polizisten und ihr deutscher Ausbilder in KabulBild: picture-alliance/ dpa