Dänische Minderheit als Zünglein an der Waage
21. Februar 2005Es war eine lange Wahlnacht in Kiel, die an Spannung kaum zu überbieten war. Eine Zitterpartie, bis endlich sechs Stunden nach Schließung der Wahllokale feststand - dass nichts feststeht: Weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb erreichen eine regierungsfähige Mehrheit von 35 Stimmen. SPD und Grüne kamen zusammen auf 33 Mandate, CDU und FDP auf 34 Mandate.
Schlappe für die SPD
Trotzdem: CDU-Spitzenkandidat Peter Harry Carstensen ist der Überraschungssieger des Abends. Die CDU zieht als stärkste Fraktion in den Kieler Landtag ein. Von der Euphorie-Welle der CDU getragen, hatte sich Carstensen schon frühzeitig als Wahlsieger ausgerufen: "Ich freu mich ungemein, das ist ein tolles Ergebnis, Rot-Grün ist abgewählt, und das ist das wichtigste was hier in Schleswig-Holstein passieren konnte."
Wähler haben kurzfristig entschieden
Eine zu voreilige Einschätzung: Denn Heide Simonis bleibt voraussichtlich Ministerpräsidentin - in einer Minderheitsregierung mit den Grünen, mit Hilfe des Süd-Schleswigschen Wählerverbandes (SSW). Doch die Niederlage der Sozialdemokraten ist groß: Es ist das schlechteste Ergebnis der Partei in Schleswig-Holstein seit den 1950er-Jahren.
Stundenlang sah es so aus, also ob nach 17 Jahren SPD-Regierung die CDU das Ruder übernehmen würde. Die sonst so beredte Ministerpräsidentin Heide Simonis in Erklärungsnot: "In den Vorhersagen lagen wir gut, in meinen persönlichen Bewertungen lagen wir gut, die Themen die wir angesprochen haben, sind von den Menschen als richtig akzeptiert worden, und daher ist kaum zu erklären, was in den letzten beiden Tagen passiert ist."
Dänische Minderheit entscheidet
Dann die späte Überraschung: CDU und FDP verlieren ihre knappe Mehrheit wieder - eine Patt-Situation. Zum Zünglein an der Waage wird jetzt der Süd-Schleswigsche Wählerverband, die Partei der dänischen Minderheit. Für die kleine Regional-Partei gilt die Fünf-Prozent-Hürde nicht. Ihre zwei Sitze im Landtag reichen aus, um die rot-grüne Koalition mehrheitsfähig zu machen.
Doch noch ist nicht eindeutige klar, wie sich der SSW entscheiden wird. "Wir sind für Gespräche mit allen Parteien zu haben", sagte die SSW-Spitzenkandidatin Anke Spoorendonk am Montag (21.2.2005). "Es ist doch nicht so, dass wir jetzt unbedingt Macht haben wollen, dass es uns um Personen geht. Es geht uns um Inhalte." Bereits im Vorfeld der Wahlen hatte der SSW allerdings angekündigt, eine rot-grüne Minderheitsregierung zu dulden. Heide Simonis hingegen bevorzugt eine Regierungsbeteiligung der kleinen Partei.