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Contra: Chancengleichheit geht vor

30. April 2009

Ein Land, das Chancengleichheit und Bildung für alle auf seine Fahnen schreibt, darf keine Studiengebühren erheben, meint Gaby Reucher.

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Bild: DW

Bis 2020 will Deutschland die Hochschulabschlüsse im Zuge des sogenannten Bologna-Prozesses endgültig auf Bachelor und Master umstellen. Dies ist die größte Hochschulreform seit Jahrzehnten. Es soll zügiger und effizienter studiert werden, um die klugen Köpfe schnell in Wirtschaftszweige zu entlassen, wo sie gebraucht werden.

Schnell bedeutet: Keine Zeit

Schnell, das bedeutet kürzere Studienzeiten und komprimierte verschulte Unterrichtspläne, die keine Zeit mehr für Nebenjobs lassen. Auf diese Nebenjobs sind aber viele angewiesen, um ihr Studium finanzieren zu können. Rund 770 Euro, so hat das Deutsche Studentenwerk ausgerechnet, braucht ein Student im Monat zum Leben. In einigen Bundesländern müssen Studenten bereits seit zwei Jahren pro Semester bis zu 500 Euro Studiengebühren bezahlen. Das sind monatlich rund elf Prozent des Gesamtbedarfs. Zu viel, wenn das Geld hinten und vorne nicht reicht, denn die Lebenshaltungskosten sind in Deutschland vergleichsweise hoch. Es trifft wie immer die sozial Schwächeren.

Chancen nur mit Eltern

Wer nicht auf das Geld der Eltern zurückgreifen kann, hat kaum eine Chance. Zwar gibt es Stipendien für Hochbegabte, doch insgesamt werden nur zwei Prozent aller Studierenden von Stipendien erreicht. Darlehen von Banken sind für viele unattraktiv. Laut Hochschul-Informations-System HIS hat jeder vierte Abiturient, der auf ein Studium verzichtet, Angst vor den hohen Studiengebühren und einer eventuellen Verschuldung.

Abschreckend sind die Gebühren auch für Studenten aus dem Ausland, die oft in Deutschland studieren, weil sie die Studiengebühren im eigenen Land nicht bezahlen können. Beim derzeitigen Fachkräftemangel wäre man gut beraten, diese klugen Köpfe, die so dringend gebraucht werden, nicht durch Studiengebühren zu vertreiben.

Autorin: Gaby Reucher

Redaktion: Oliver Samson