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Per App zum gläsernen Hotelgast

Jessica Krystek2. Oktober 2015

Den Hotelaufenthalt zum individuellen Erlebnis machen: das möchte ein Startup aus Berlin mit seiner App ermöglichen. Statt Anonymität setzt man auf persönlichen Kontakt durch digitale Helfer.

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Hotel-App Conichi EINSCHRÄNKUNG
Bild: Conichi

"Wir möchten in der Hotellerie etwas bewegen. Wir haben uns das Ziel gesetzt, den Markt zu verändern und das Gästeerlebnis wieder zurück in die Hotels zu bringen." Eine klare Ansage von Maximilian Waldmann, der im letzten Jahr die Idee für die App Conichi entwickelt hat. Die Abläufe im Hotelbetrieb intelligenter gestalten und den Kundenservice optimieren: Conichi möchte beiden Seiten einen Mehrwert bieten.

Das Konzept beruht auf der Idee des 'gläsernen' Gastes. Informationen und Daten werden gesammelt, dokumentiert und analysiert. Welche Vorlieben hat mein Gast bei der Zimmerausstattung? Hat er beim letzten Besuch lieber Bier oder Wein getrunken? Was isst er am liebsten zum Frühstück? Fragen, die dem Hotellier dabei helfen sollen, "den Gast persönlicher abzuholen", so Waldmann.

Digitalisierung bedeutet nicht gleich Anonymität

"Personalisierung ist einer der Schlüsselfaktoren für die Digitalisierung", sagt Tobias Kollmann, Professor für E-Business an der Universität Duisburg-Essen. Wer als Erster die Bedürfnisse des Kunden erfasse, der könne auch als Erster ein gutes Angebot machen. "Wenn es persönlich zugeschnittene Angebote für den Kunden gibt, dann ist man eher geneigt, sich damit auseinanderzusetzen, als mit anonymisierten Massenprodukten", so Kollmann weiter.

Hotel-App Conichi EINSCHRÄNKUNG
Maximilian Waldmann hatte die Idee für die Hotel-App ConichiBild: Conichi

Schnell noch die Rechnung vom letzten Online-Shopping per Online-Banking begleichen, den nächsten Sommerurlaub per Buchungsportal organisieren. Digitale Lösungen sollen alltägliche Dinge leichter machen, bequem und einfach soll es vor allem sein. Ganze Wirtschaftszweige setzten auf digitale Organisation. "Auch die Hotels wissen, dass sie sich digitalisieren und innovativer werden müssen", sagt Maximilian Waldmann. Aber die Umsetzung ist für viele noch ein Problem.

Eine zunächst verständliche Skepsis, so IT-Experte Kollmann. Digitale Technologien haben sich rasanter entwickelt, als es die Entscheider in der Wirtschaft für möglich gehalten haben. "Wir halten uns immer noch in unserer Komfortzone der starken deutschen Wirtschaft auf, und haben noch lange nicht erkannt, dass der Wandel hin zu der Macht von digitalen Plattformen irgendwann auch auf die reale Ebene durchschlagen wird."

Dabei soll es nicht darum gehen, den Mitarbeiter hinter der Rezeption durch den digitalen Helfer zu ersetzen. Vielmehr sollen effektive Lösungsansätze in den Arbeitsablauf integriert werden. Umstrukturierungen gegenüber solle man nicht per se negativ gegenüber stehen, so Kollmann.

Mit Beacons zum persönlichen Kontakt

"Digitale Geschäftsmodelle und Prozesse setzen sich dann durch, wenn sie ein Problem auf der Kundenseite schneller, kostengünstiger oder mit mehr Komfort lösen als bisherige Angebote", sagt Kollmann. Dieses Grundprinzip machen sich die Entwickler von Conichi zu eigen und setzen auf innovative Technologien.

Gäste werden in Echtzeit erfasst, sobald sie sich in der Nähe des Hotels befinden. Beim Betreten kommuniziert die App mit kleinen Sendern im Hotel, sogenannten Beacons, und übermittelt die Informationen an ein Tablet an der Rezeption. Mit gezielten Push-Nachrichten wird der Kontakt zum Gast geknüpft.

"Beacons sind quasi virtuelle Tore in der wirklichen Welt", erläutert Waldmann. Die Beacon-Technologie, die in der Hotellerie so zum ersten Mal eingesetzt wird, ermöglicht auch das Bezahlen der Hotelrechnung per Smartphone. Eine Kombination, die das Conichi-Versprechen umsetzen soll.

Symbolbild Conichi
Das Hotel kann per Beacon-Technologie die Informationen des Gastes empfangenBild: Conichi/R. Pawlowski

Strategischer Investor ist notwendig

Nach eigenen Angaben nutzen über 50 Hotels in Deutschland, Österreich und der Schweiz die Beacons, um den Kontakt zwischen Gast und Hotel zu verbessern. Für diesen Service zahlen die Hoteliers bis zu 2 Euro je Zimmer und Monat. "Wir konzentrieren uns auf die Individualhotellerie. Wir arbeiten mit jungen und innovativen Hotels zusammen, die auch bereit sind, schnell Lösungsansätze umzusetzen. Nur so können wir auch garantieren, dass unser angebotener Service umgesetzt wird", sagt der 25-Jährige Waldmann.

Damit das Conichi-Konzept nicht im Strudel der digitalen Schnelllebigkeit versinkt und der Realität auch standhält, braucht es einen strategischen Partner. Das Hotelbuchungsportal HRS investiert seit Anfang September einen hohen siebenstelligen Betrag in das Startup und sei ein "Traumkandidat". Denn durch diese Kooperation kann die Reichweite auf einen Schlag auf über 20 Millionen Nutzer steigen.

Asiatische Hotellerie als Vorbild

Ihren Ursprung findet die App im Land der aufgehenden Sonne. Sowohl der Name - Conichi leitet sich vom japanischen "Konnichiwa" ab und steht für eine Begrüßung - als auch die Idee für die Geschäftsgründung kamen Waldmann bei seinem Aufenthalt in Singapur, wo der Jungunternehmer bis 2014 noch für Google arbeitete. "Es kann nicht sein, dass die europäische Hotellerie der asiatischen so hinterher hinkt. Das Persönliche findet hier einfach keinen Bezug und schließlich sollten Hotels keine Zimmer, sondern Erlebnisse verkaufen."