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Cohn-Bendit: Neinsager setzen Europa und Globalisierung gleich

20. Mai 2005

EU-Parlamentarier der Grünen im Interview von DW-TV

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Die Skepsis gegenüber der EU betrifft allerdings nicht nur die Franzosen: Daniel Cohn-BenditBild: AP


"Die Franzosen sind einerseits pro-europäisch, andererseits wollen sie aber, dass Europa Frankreich entspricht. Und wenn das nicht hinhaut, dann gibt es eine Krise, und diese Krise haben wir jetzt auch." Das sagte Daniel Cohn-Bendit, EU-Parlamentarier für die Grünen, im Interview von DW-TV. Wie der Volksentscheid der Franzosen am 29. Mai ausgehen werde, wisse niemand. Entscheidungen in Sachen Europa seien in Frankreich stets knapp ausgegangen. Die Neinsager aus den unterschiedlichsten politischen Lagern seien "alles Fundamentalisten". Sie verbinde die Idee, "wie man die Welt von Frankreich aus gesehen verändern will".


Die Skepsis gegenüber der EU betreffe allerdings nicht nur die Franzosen. Ähnliche Umfragewerte zur Europäischen Verfassung gebe es auch in Dänemark, Holland und Schweden. Entscheidender Beweggrund hierbei sei, dass die Völker den im eigenen Land gefundenen "sozialen Kompromiss" durch Europa gefährdet sähen. "Das Problem ist", so Cohn-Bendit im deutschen Auslandsfernsehen, "dass die Gefährdung dieser ganzen nationalen Kompromisse die Globalisierung ist. Und die Leute setzen Europa und Globalisierung gleich." Dabei sei diese Verfassung "der erste Versuch, Europa eine politische Dimension zu geben" und gemeinsame Werte zu definieren. Zudem sei die Verfassung ein neuer Rahmen, um "eine europäische Lösung zu finden für Probleme, die wir national nicht mehr lösen können", sagte der EU-Parlamentarier.


Das Nein zur Verfassung sei auch dadurch begründet, "dass sich die Regierungen immer hinter Europa versteckt haben. Immer wenn eine Politik durchgesetzt wurde, wurde gesagt: Brüssel hat entschieden.“ Die Verfassung biete zwar die Chance, Europa den Menschen näher zu bringen. "Wo ich Veranstaltungen mache, sind die Leute sehr interessiert und fasziniert", sagte Cohn-Bendit. Aber: "Der Kontext bestimmt den Text." So sei es schwierig, "bis zum Text und bis zu Europa" durchzudringen.


Die europäischen Grünen hätten daher ein europaweites Referendum gefordert. So wäre die Verfassung angenommen, "wenn eine Mehrheit der europäischen Bürger sich dafür ausspräche". Cohn-Bendit: "Das hätte den Vorteil, dass man nicht nationale Innenpolitik zu verhandeln hätte, sondern wirklich europäische Politik den europäischen Bürgern zu vermitteln hätte. Das hätte eine ganz andere Debatte gegeben."

20. Mai 2005
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