1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Club América - David oder Goliath?

Hecko Flores
14. Dezember 2016

Das mexikanische Team wird sich bei der diesjährigen FIFA Klub-Weltmeisterschaft Real Madrid stellen. Zuhause zählt Club América zu den Großen, aber kann sich die Mannschaft auch mit dem spanischen Riesen messen?

https://p.dw.com/p/2UFJh
Mexiko Fußball Club América
Bild: Getty Images/AFP/M. Calls

Mit seiner hundertjährigen Geschichte, seinen zwölf Meisterschaften und seinen sieben CONCACAF Champions League-Trophäen gilt Club América als einer der größten Fußballvereine auf dem amerikanischen Kontinent. Aber im Vergleich zu Real Madrid, seinem kommenden Gegner im Halbfinale der FIFA Klub-Weltmeisterschaft, ist das mexikanische Team praktisch unbekannt.

Wie ist es möglich, dass ein traditionsreiches und erfolgreiches Team aus einem Land mit einer so reichen Fußballgeschichte wie Mexiko auf der Weltbühne keine größere Aufmerksamkeit findet?

Ein Grund dafür könnte die eigene Außendarstellung des Vereins sein. Club América behauptet, das am meisten gehasste Team des Landes zu sein und präsentiert stolz PR-Kampagnen auf der Grundlage dieser Prämisse. Das Mexiko-City-Team besteht darauf, dass die ihm entgegengebrachte Feindseligkeit der meisten Fußballfans im Land, vom Neid auf den Erfolg des Klubs herrührt.

Mexiko Aztekenstadion in Mexiko Stadt
Das legendäre Aztekenstadion ist das Zuhause von Club América. Das weltweit drittgrößte Fußball-Stadion war 1970 und 1986 Austragungsort der WM-Finals.Bild: picture-alliance/augenklick/firo Sportphoto

Zwar sind in der Tat fast alle Menschen davon überzeugt, dass Club América die am meisten gehasste Mannschaft in Mexiko ist. Doch die Gründe für diese Abneigung sind durchaus verschieden und keiner scheint sich auf die errungenen Auszeichnungen des Teams zu beziehen. Club América wird oft mit Arroganz und Privileg assoziiert, eine Kombination, die sich nicht gut mit der Psyche des Landes vereinbaren lässt.

"Club América ist großartig und deshalb hassen sie uns, lass sie uns morgen noch mehr hassen", sagte Milliardär Emilio Azcarraga Jean, der Besitzer des Vereins, nachdem die Mannschaft im Jahr 2013 den Meistertitel gewonnen hatte.

Azcarraga besitzt auch Grupo Televisa, die größte Massenmedien-Gesellschaft in Lateinamerika und der größte spanischsprachige Sender der Welt. Das bedeutet, dass Club América tief in die eigene Tasche greifen kann, wenn es darum geht, anderen Vereinen Spieler abzuwerben. Entpuppt sich ein neuer, teuer eingekaufter Spieler als Flop, gibt es nur wenig Grund zur Sorge. Der Klub muss dann keine Starspieler verkaufen, um das finanzielle Defizit wieder auszugleichen.

Während Club América einer der reichsten Vereine der Liga ist, der seine Konkurrenz mit Leichtigkeit aufkaufen könnte, sieht sich Televisa schweren Vorwürfen ausgesetzt. Dem finanziellen Rückgrat des Klubs wird vorgeworfen, politisch einseitig zu berichten und einer Partei nahe zu stehen, die mit Korruption und Verbrechen in Verbindung gebracht wird. Beispielsweise nahm Televisa 2012 starken Einfluss auf die Präsidentschaftswahl in Mexiko. Die Macht des Senders wurde auch im Jahr 2014 deutlich, als 43 Studenten aus dem Lehrerseminar Ayotzinapa verschwanden. Für nicht wenige Fans ist die unverhohlene Komplizenschaft Televisas mit der unbeliebten mexikanischen Regierung der Grund, das Team zu hassen.

Unterschiedliche Rivalen

Mit über 2,7 Millionen Anhängern auf Twitter, ist Chivas Guadalajara Mexikos populärste Fußballmannschaft. Obwohl Chivas im Jahr 2002 von Jorge Vergara, einem Milliardär und Unternehmer, aufgekauft wurde, blieb der Verein seinen Traditionen treu. Chivas setzt hauptsächlich auf Talente, die in der eigenen Jugendakademie groß geworden sind und setzt nur Spieler ein, die die mexikanische Staatsbürgerschaft besitzen.

Marco Fabian CF Atlas Guadalajara
Eintracht Frankfurts Marco Fabian spielte bei Chivas GuadalajaraBild: picture-alliance/dpa/ U. R. Basurto

Vier der sieben Mexikaner, die jemals in der Bundesliga gespielt haben, standen in Diensten von Chivas, bevor sie den Sprung nach Europa schafften. Dazu gehören Bayer Leverkusens Stürmer Javier "Chicharito" Hernandez und Eintracht Frankfurts Marco Fabian. Im Gegensatz zu Chivas setzt Club América stark auf ausländische Spieler. Der ungeliebte Rivale von Chivas holt gewöhnlich Stars aus Südamerika in die nationale Liga, vornehmlich aus Brasilien und Argentinien.

"Ich glaube nicht, dass sie Mexiko bei der Klub-Weltmeisterschaft repräsentieren, sie vertreten sich selbst", meinte Jorge Vergara in einem Interview vielsagend, als er nach Club América gefragt wurde.

Im Viertelfinale der FIFA Klub-Weltmeisterschaft, dem ersten Auftritt von Club América bei dem Turnier, gegen Jeonbuk Hyundai Motors, standen lediglich drei mexikanische Spieler in der Startelf. Für viele einheimische Fußball-Fans ist es schwierig hinter einem Team zu stehen, das überwiegend aus nicht mexikanischen Profis besteht.

Aus dem selben Holz geschnitzt

Natürlich hat Club América bei weitem nicht das selbe Format wie Real Madrid, doch bei beiden Vereinen gibt es auch Gemeinsamkeiten. So sind beide jeweils die erfolgreichste Mannschaft in der nationalen Liga sowie in ihren kontinentalen Wettbewerben. Beide beschäftigten die legendären Stürmer Ivan Zamorano aus Chile und Hugo Sanchez aus Mexiko. Zudem saß der Holländer Leo Beenhakker bei beiden Klubs auf der Trainerbank.

Club America - Real Madrid
Cristiano Ronaldo (2.v.l.) erzielt 2010 für Real Madrid das Siegtor gegen Club América bei einem FreundschaftspielBild: Getty Images/J. Jacobsohn

Dreimal standen sich die beiden Kontrahenten des Halbfinals der diesjährigen FIFA Klub-Weltmeisterschaft in ihrer Vereinsgeschichte bereits gegenüber, am Ende gab es jeweils einen Sieg für die Königlichen. Am Donnerstag steht nun das erste Duell in einem offiziellen Spiel an (11.30 Uhr MEZ). Im letzten Aufeinandertreffen der beiden Kontrahenten, einem Freundschaftsspiel im Jahr 2010, ging es durchaus hoch her. In der verbissen geführten Begegnung erzielte Cristiano Ronaldo per Freistoß in der 81. Minute das Siegtor zum 3:2-Endstand für Real.

Jetzt ist es für Club América an der Zeit, seine selbsternannte Größe gegen den vielleicht besten Kader der Welt zu beweisen und mit einem Sieg seine Kritiker verstummen zu lassen. Obwohl Real Madrid der haushohe Favorit ist, haben die Mexikaner sehr wenig zu verlieren und viel zu gewinnen. Club América könnte das erste CONCACAF-Team werden, das das Finale der Klub-Weltmeisterschaft erreicht. Und vielleicht holt man dann ja sogar den Titel nach Hause, um die eigenen Fans zu begeistern und vom Rest in Mexiko noch mehr gehasst zu werden.