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Chronik: Von der Festnahme bis zur Befreiung

15. November 2001
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3. bzw. 5. August: Die in Afghanistan regierende Taliban-Miliz nimmt insgesamt 24 Mitarbeiter der christlichen Hilfsorganisation Shelter Now International (SNI) fest. Den acht ausländischen Mitarbeitern - vier Deutschen, zwei US-Bürgerinnen und zwei Australiern - wird unerlaubte Missionierung vorgeworfen.

2. September: Die Taliban kündigen an, dass die acht Ausländer in einem öffentlichen Prozess abgeurteilt werden sollen. Die Festgenommenen werden aus dem Kabuler Jugendgefängnis an einen unbekannten Ort gebracht.

4. September: Der Prozess gegen die acht Angeklagten wegen des Vorwurfs der christlichen Missionierung wird vor dem Obersten Gericht der Taliban eröffnet. Richter Mawlawi Nur Mohammed Sakib verspricht ein "gerechtes Verfahren".

5. September: Den Angeklagten droht offiziell die Todesstrafe. Im Fall ihrer Verurteilung könnten die acht gehenkt werden, sagt Richter Sakib.

8. September: Die Angeklagten erscheinen erstmals seit ihrer Festnahme öffentlich vor Gericht. Ein Deutscher unter ihnen kritisiert scharf das Vorgehen der afghanischen Justiz und die Haftbedingungen. Die Inhaftierten wüssten noch immer nicht, was ihnen vorgeworfen werde. Nach viertägigen Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit werden erstmals Diplomaten, Journalisten und Angehörige zum Prozess zugelassen.

6. Oktober: Die Taliban bieten die Freilassung der acht
Ausländer an, wenn die USA ihre Drohung eines Militärschlages gegen Afghanistan zurückziehen.

7. Oktober: US-Präsident George W. Bush lehnt das Angebot der Taliban ab. Auch die Regierungen Deutschlands und Australiens verlangen die bedingungslose Freilassung der Gefangenen. Die USA beginnen ihre Angriffe auf Ziele in Afghanistan.

13. Oktober: Der Prozess wird trotz der US-Angriffe fortgesetzt und kommt mit dem Plädoyer des pakistanischen Anwalts Atis Ali Khan in die entscheidende Phase.

1. November: Wegen der Bombardements der USA sind alle
Telefonleitungen in Afghanistan unterbrochen. Die Hilfsorganisation Shelter Now hat seit einer Woche keinen Kontakt mehr zu den Häftlingen. Zuvor ist das Verfahren vom Gericht auf unbestimmte Zeit ausgesetzt worden.

7. November: Libyen verhandelt nach den Worten eines Sohnes von Revolutionsführer Muammar el Gaddafi mit den Taliban über die Freilassung der acht. Die Taliban hätten Libyen bereits vor den Terroranschlägen vom 11. September um Vermittlung gebeten und erwarteten "bestimmte politische Zugeständnisse", sagt Saif Gaddafi.

13. November: Während der Einnahme von Kabul durch die
Nordallianz verlassen die Taliban gemeinsam mit ihren Gefangenen die afghanische Hauptstadt in Richtung Kandahar, ihrer Hochburg im Süden des Landes. Unterwegs stranden sie jedoch in Ghasni. Die westlichen Shelter Now-Mitarbeiter werden ins örtliche Gefängnis gebracht.

14. November: Die "Frankfurter Rundschau" berichtet vorab, die acht seien auf dem Rückweg nach Kabul. Entsprechende Berichte ausländischer Geheimdienste lägen der Bundesregierung vor. Die Bundesregierung bestätigt die Meldungen nicht. Während eines Aufstands der Bewohner von Ghasni gegen die Taliban befreit ein lokaler Kommandeur der afghanischen Opposition die acht westlichen Gefangenen.

15. November: Ein Vertreter der US-Regierung bestätigt die
Freilassung der acht Gefangenen. US-Kampfhubschrauber holen sie von einem Feld bei Ghasni ab und bringen sie nach Pakistan, wo sie von Vertretern ihrer Botschaften in Empfang genommen wurden. Alle Acht sind gesund und ausgesprochen erleichtert über das Ende ihrer Odyssee. Unterdessen wird bekannt, dass auch die 16 einheimischen
Helfer von Shelter Now wieder in Freiheit sind. Sie hatten sich am Montag (12. November) selbst aus dem Zentralgefängnis von Kabul befreit, wo sie von den Taliban ihrem Schicksal überlassen worden waren.