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evangelisch katholisch

Klaus Krämer
19. September 2011

Papst Benedikt XVI. besucht Deutschland, und damit das Land, in dem es im 16. Jahrhundert durch die Reformation zur Kirchenspaltung kam. Doch was unterscheidet eigentlich die katholische von der evangelischen Kirche?

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Bischof Wolfgang Huber, links, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und Georg Kardinal Sterzinsky, Bischof von Berlin leiten am Montag, 3. Okt. 2005, einem Oekumenischen Gottesdienst (Foto: ap)
Bild: AP

Ab dem Jahr 1517 strebte der Mönch Martin Luther eine Erneuerung seiner römisch-katholischen Kirche an. Da seine Reformen scheiterten, entstand nach und nach eine neue, die evangelische Kirche. Vieles von dem, was Luther damals zu reformieren versagt blieb, unterscheidet die Konfessionen bis heute. Einige der grundlegenden Punkte:

Kirchenverständnis:

Katholische und evangelische Kirche haben eine unterschiedliche Auffassung davon, was das Wesen von Kirche ist. Die katholische Kirche versteht sich als alleinige und wahre Kirche weltumspannend unter der Führung des Papstes.

Anders die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen. Eine einheitliche evangelische Kirche gibt es nicht, sondern viele verschiedene. Sie betrachten alle Kirchen als gleichwertig.

Papstamt:

Rote Mitra im Glaskasten, Herkunft: DW Eigendreh, Undatierte Aufnahme, Eingestellt 21.04.2011
Papstamt - für Luther nicht bibelgemäßBild: DW

Keineswegs tolerant sind die Protestanten mit Blick auf das Papstamt. Das widerspricht nach evangelischer Auffassung den Aussagen der Bibel.

Katholiken sehen im jeweiligen Papst den Nachfolger des Apostels Petrus - und somit das von Jesus Christus bestimmte Oberhaupt ihrer Kirche. Begründet wird das mit einer angeblich ununterbrochenen Kette von Weihen, die vom ersten Jahrhundert bis in die Gegenwart führt.

Amtsverständnis:

Diese Weihekette, auch apostolische Sukzession genannt, hat eine generelle Bedeutung für das geistliche Amt in der katholischen Kirche. Mit dem Weihesakrament im Rahmen der Priesterweihe erhalten Bischöfe, Priester und Diakone für immer eine besondere Prägung Gottes für den Dienst. Deshalb steht der Dienst des Priesters über dem der katholischen Laien.

Die evangelische Kirche sieht im geistlichen Amt keine Weihe der Person. Dieses Amt ist eine Funktion, die jedoch von Gott gewollt ist. Im Prinzip kann diese Funktion auf jeden Gläubigen übertragen werden.

Eucharistie oder Abendmahl:

Wie stark das Amtsverständnis der Katholiken das sakrale Handeln beeinflusst und das ökumenische Miteinander beeinträchtigt, wird deutlich beim Blick auf Eucharistie oder Abendmahl. Beide Begriffe stehen für jene Handlung im Gottesdienst, die Sterben und Auferstehung Jesu Christi vergegenwärtigen soll. Es geht zurück auf das letzte Mahl von Jesus mit seinen Jüngern am Vorabend seiner Kreuzigung.

Ruhrbischof Felix Genn bricht im Dom in Essen bei einen Festgottesdienst zu seinem Abschied aus dem Bistum Essen die Hostie (Archivbild vom 20.03.2009). Die steigende Zahl der Schweinegrippe-Erkrankungen beschäftigt auch die Kirchen. Am Donnerstag veröffentlichte die Deutsche Bischofskonferenz in Bonn erstmalig allgemeine Handlungsempfehlungen für Infektionsschutz in Gottesdiensten. Dennoch herrscht Verunsicherung. Abendmahl,
Geweihte Hände brechen BrotBild: picture-alliance/ dpa

Der katholischen Eucharistie darf nur ein geweihter Priester vorstehen. Nur er kann im Namen Jesu Brot und Wein verwandeln in Leib und Blut Christi. Nicht-Katholiken sind nicht zugelassen.

In der evangelischen Kirche ist generell jeder Getaufte eingeladen, teilzunehmen und jeder Getaufte kann das Abendmahl leiten. Das ist der Grund der Ablehnung der Mahlgemeinschaft von katholischer Seite.

Außerdem ist das Abendmahl inhaltlich unterschiedlich gefüllt. Katholiken sehen darin eine ständige Wiederholung des Opfers Jesu Christi. Für Evangelische wird damit lediglich an dessen Tod und die Auferstehung erinnert. Die Gemeinschaft derer, die das Abendmahl feiern, wird besonders herausgestellt.

Marien- und Heiligenverehrung:

Die römisch-katholische Kirche verehrt Maria, die Mutter Jesu, als „Himmelskönigin“ und sieht sie in vielen Dingen Jesus gleichgestellt.

Aus den Umfeld von Bartolomeo Vivarini: Madonna mit Kind, um 1470 Tempera und Öl auf Holz 49 x 31,5 cm (oben abgerundet, mit Rahmen: 66,5 x 47 cm)
Maria mit dem Jesuskind. Gemälde von 1470Bild: Kunsthalle Bremen

Da es insbesondere für die Mariendogmen keine biblischen Belege gibt, werden sie von evangelischer Seite abgelehnt. Diese Dogmen sind die Rettung Marias von der Erbsünde und ihre leibhaftige Aufnahme in den Himmel.

Zusätzlich praktiziert die katholische Kirche die Heiligenverehrung. Verstorbene Glaubensvorbilder, die in der Kirchengeschichte heilig gesprochen wurden, werden um ihre Hilfe und Fürbitte gebeten und darum, bei Gott Fürsprache für den Gläubigen zu halten. Die Gläubigen erwarten Wunder von den über 4000 Heiligen und beten ihre Reliquien an.

Auch die Heiligenverehrung lehnt die evangelische Kirche kategorisch als unbiblisch ab. Jeder Mensch kann und soll sich nach reformatorischem Verständnis direkt im Gebet an Gott wenden.

Pflichtzölibat:

Den Zölibat, also das Versprechen ehelos und sexuell enthaltsam zu leben, kennen alle großen Weltreligionen – auch die katholische und die evangelische Kirche. In der römisch-katholischen Kirche ist er jedoch für Priester und Ordensleute verpflichtend. Er wird verstanden als Zeichen der ungeteilten Nachfolge Christi.

Die evangelischen Kirchen lehnen den Zölibat als Pflicht ab. Bereits 1520 fordert Martin Luther, der Zölibat müsse abgeschafft werden. Dazu leistete er selbst 1525 den entscheidenden Beitrag. Er heiratete die ehemalige Nonne Katharina von Bora und gründete mit ihr eine Familie. Fast nebenbei erfand der Reformator so das „Evangelische Pfarrhaus“, das über die Jahrhunderte zu einem Merkmal der Gemeinde wurde.

Allerdings gibt es den Zölibat im evangelischen Bereich aufgrund freiwilliger Entscheidung. In bestimmten Kommunitäten und Diakonissenverbänden wurde und wird er praktiziert.

Autor: Klaus Krämer
Redaktion: Volker Wagener