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Chirac will Atomgespräche ohne Sicherheitsrat

18. September 2006

Frankreichs Präsident Chirac hat sich als erster europäischer Spitzenpolitiker gegen eine Einschaltung des UN-Sicherheitsrats im Atomstreit mit dem Iran ausgesprochen. Am Montagabend tagt die IAEO-Generalversammlung.

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Chiracs Äußerungen im Rundfunk Europe 1 liefern neuen Stoff für den AtomstreitBild: AP

Die politische Front gegen den Iran im Atomstreit bröckelt. Erstmals sprach sich der französische Staatspräsident Jacques Chirac am Montag (18.9.2006) für Verhandlungen ohne die Einschaltung des Weltsicherheitsrates aus. Wenn die fünf Vetomächte im Sicherheitsrat und Deutschland auf diesen Schritt verzichteten und der Iran die Urananreicherungen einstelle, erlaube das Verhandlungen zwischen Teheran und den sechs Ländern, sagte Chirac dem Radiosender Europe 1.

Chirac setzt nicht wie USA auf Sanktionen

Chirac schlug dabei als erster führender europäischer Politiker ausdrücklich ein abgestuftes Vorgehen vor, bei dem das Aussetzen der Urananreicherung keine Vorbedingung für den Beginn von Verhandlungen ist. Dies wurde bisher von Deutschland und den fünf Veto-Mächten im Sicherheitsrat - inklusive Frankreich - gefordert. Insbesondere die USA hatten sich zudem ausdrücklich für Sanktionen gegen den Iran ausgesprochen, nachdem Teheran die Forderungen des Sicherheitsrats ignoriert und seine Aktivitäten zur Urananreicherung fortgesetzt hatte.

"Zuerst müssen wir eine Tagesordnung finden, dann Verhandlungen beginnen", betonte dagegen Chirac. "Und ich schlage vor, dass dann einerseits die sechs Länder während der Verhandlungen darauf verzichten, den Sicherheitsrat anzurufen, und der Iran während dieser Zeit kein Uran anreichert." Chirac plädierte für "Lösungen durch einen Dialog", denn er habe noch nie gesehen, "dass Sanktionen gegriffen haben".

Es bleibt abzuwarten, ob der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad am Dienstag (19.9.2006) bei seiner Rede vor der UN-Vollversammlung auf Chiracs Äußerungen direkt eingehen wird. Die fünf Veto-Mächte des Sicherheitsrats und Deutschland werden sich diese Gelegenheit jedenfalls wohl nicht entgehen lassen wollen, ihre Gespräche über den nächsten Schritt der internationalen Gemeinschaft fortzusetzen.

IAEA Mohamed ElBaradei zu Iran
Hofft immer noch auf Einlenken des Irans: IAEO-Direktor El BaradeiBild: AP

Auch der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO), Mohammed ElBaradei, setzt in dem Streit auf eine diplomatische Lösung. Zur Eröffnung der 50. Generalversammlung der IAEO in Wien forderte er den Iran und seine westlichen Gesprächspartner auf, die Verhandlungen im Atomstreit wieder aufzunehmen. Diese könnten die Befürchtungen über die Natur des iranischen Atomprogramms mindern.

Dagegen gab sich US-Energieminister Samuel W. Bodman am Rande der Konferenz von 140 IAEO-Mitgliedsländern skeptisch: "Wir gehen davon aus, dass sie (Teheran) die Absicht haben, eine Atombombe zu bauen", sagte er vor Journalisten.

Iran droht erneut

Irans Vizepräsident Gholam-Resa Aghasadeh drohte erneut mit der Einschränkung der Zusammenarbeit mit der IAEO, falls der Sicherheitsrat Sanktionen gegen Teheran beschließe. Der Iran betrachte die Resolution des Weltsicherheitsrates mit der ultimativen Forderung nach einem Anreicherungsstopp vom 31. Juli als rechtswidrig, sagte Aghasadeh.

Auf der Generalversammlung beraten die Delegierten unter anderem über einen Vorschlag der IAEO, die Produktion von angereichertem Uran für die Nutzung in Kernkraftwerken künftig zu internationalisieren. Damit könnte die Urananreicherung auf nationaler Ebene unnötig und der Missbrauch des Materials zum Bau von Atomwaffen verhindert werden. (ana)