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Chirac wegen Korruption verurteilt

15. Dezember 2011

Der französische Ex-Präsident Chirac ist in einem als historisch bewerteten Prozess der Untreue schuldig gesprochen wurden. Als Bürgermeister von Paris soll er ein System von Scheinarbeitsstellen aufgebaut haben.

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Der ehemalige franzoesische Praesident Jacques Chirac (Foto:dapd)
Beteuerte bis zum Schluss seine Unschuld: Jacques ChiracBild: dapd

Bewährungsstrafe für den französischen Ex-Präsidenten: Wegen Veruntreuung und illegaler Parteienfinanzierung hat ein Pariser Gericht den ehemaligen Staatspräsident Jacques Chirac schuldig gesprochen. Der 79-Jährige wurde am Donnerstag (15.12.2011) zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Damit stellte das Strafgericht fest, dass Chirac zu seiner Zeit als Pariser Bürgermeister mehrere Personen illegal mit öffentlichen Mitteln bezahlt hat.

"Jacques Chirac war nicht der Rechtschaffenheit verpflichtet, die öffentliche Personen zeigen sollten", erklärte Richter Dominique Pauthe das überraschend harte Urteil. Die Staatsanwaltschaft hatte Ende September Freispruch gefordert, da sich keine Straftat nachweisen lasse. In einer Erklärung teilte Chirac mit, er widerspreche dem Urteil "kategorisch". Gleichzeitig kündigte er an, keine Berufung einzulegen.

System von Scheinarbeitsstellen

Jacques Chirac und seine Gattin Bernadette (Foto: dpa)
Chirac als Bürgermeister von Paris 1989Bild: picture-alliance/ dpa

Der konservative Politiker soll Anfang der 1990er Jahre knapp dreißig Mitarbeiter aus der Pariser Stadtkasse bezahlt haben, obwohl sie gar nicht für die Stadtverwaltung arbeiteten. Einige waren laut Gericht für Chiracs damalige Partei RPR aktiv, die den Präsidentschaftswahlkampf vorbereitete. Andere wie der Enkel des verstorbenen Präsidenten Charles de Gaulle bekamen reine Gefälligkeitsjobs. Von den insgesamt zehn Angeklagten wurden nur zwei freigesprochen. Die anderen, darunter auch der De-Gaulle-Enkel Jean, erhielten mehrmonatige Gefängnisstrafen auf Bewährung.

Die Stadt Paris, wo Chirac von 1977 bis 1995 Bürgermeister war, einigte sich bereits mit dem Altpräsidenten auf eine Entschädigung und zog daraufhin ihre Klage zurück. Übrig blieb die Anti-Korruptionsvereinigung Anticor als Nebenkläger. Ihr Anwalt Jérôme Karsenti sprach von einer "historischen Entscheidung der Justiz", die für die Zukunft der französischen Demokratie extrem wichtig sei. Er bewertete das Urteil als "eine Botschaft an alle Politiker" und als "Beleg für eine reife, transparente Demokratie".

Immunität schützte vor Strafverfolgung

Zum Prozessende ließ Chirac von seinen Anwälten eine Erklärung verlesen, in der er seine Unschuld beteuerte: "Ich habe keinen Fehler begangen, weder einen strafrechtlichen noch einen moralischen". Der Altpräsident nahm an dem Prozess nicht teil, nachdem ihm Ärzte bescheinigt hatten, unter schweren Gedächtnisstörungen zu leiden.

Chirac ist der erste französische Präsident der Nachkriegsära, der sich vor einem Gericht verantworten musste. Als Amtsträger war er aufgrund seiner Immunität vor jeder Strafverfolgung geschützt, so dass die Anklage erst mit seinem Ausscheiden aus dem Amt 2007 möglich wurde.

Autor: Florian Meyer (afp, dpa, dapd)

Redaktion: Marion Linnenbrink