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Chinas Handelspolitik macht USA Sorgen

Spencer Kimball (sp)24. September 2015

Pekings Handelspolitik weckt bei vielen US-Amerikanern Argwohn. In den vergangenen Jahren hat China zunehmend in den USA investiert - doch schafft dies auch Perspektiven für US-Arbeitskräfte? Spencer Kimball, Chicago.

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Die Fahnen der Vereinigten Staaten und Chinas wehen vor dem Weißen Haus in Washington im Wind (Foto: REUTERS/Hyungwon Kang/Files)
Bild: Reuters/H. Kang

Es wird wohl vornehmlich um Sicherheitsfragen gehen, wenn US-Präsident Barack Obama den chinesischen Präsidenten Xi Jingping im Weißen Haus empfängt. Doch es sind vor allem die amerikanisch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen, die vielen US-Bürgern Sorgen bereiten.

Dem Pew Research Center zufolge haben 54 Prozent der Amerikaner ein negatives Bild von China. Sechzig Prozent der Befragten halten den Arbeitsplatzabbau in Richtung China für ein "sehr großes Problem". Ebenso denken 67 Prozent über amerikanische Schulden beim Gläubiger Peking.

Laut dem linksorientierten Economic Policy Institute (EPI) hat die Vereinigten Staaten das Handelsdefizit mit China zwischen 2001 und 2013 rund 3,2 Millionen Arbeitsplätze gekostet. Gut zwei Drittel dieser Jobs wurden in der Produktion verloren. Besonders die Elektroindustrie hat es schwer getroffen. "Unglücklicherweise sind beide Länder voneinander abhängig und das ist für keinen der Handelspartner gut", sagt EPI-Handelsexperte Robert Scott im Gespräch mit der DW. "Die Gewinner sind die großen, multinationalen Unternehmen in den USA und in China. Sie sind diejenigen, die die großen Profite einstreichen."

Chinesische Exportstrategie

Im gleichen Zeitraum hat sich das US-Handelsdefizit zu China von 84,1 Milliarden Dollar (75 Milliarden Euro) auf 234,2 Milliarden Dollar (290 Milliarden Euro) aufgebläht. Washington wirft Peking seit Langem vor, seine Währung künstlich niedrig zu halten, um seine Exporte zu verbilligen und so die amerikanischen Hersteller unterbieten zu können.

Der chinesische Präsident Xi Jinping bei einem Treffen mit US-Unternehmern in Seattle (Foto: EPA/JOE McHUGH/CALIFORNIA HIGHWAY PA)
US-Besuch: Xi Jinping sagte ausländischen Konzernen günstigere Investitionsbedingungen zuBild: picture-alliance/dpa/J. McHugh

"Verantwortlich dafür ist die Strategie der chinesischen Regierung", sagt der Präsident der amerikanisch-chinesischen (Industrie- und) Handelskammer, Siva Yam, im Gespräch mit der DW. "Ihre Strategie ist der Aufbau einer exportorientierten Wirtschaft. Und die USA sind immer der ultimative Absatzmarkt."

Der große chinesische Außenhandelsüberschuss habe zu der US-Immobilienblase beigetragen, die 2008 platzte und eine globale Finanzkrise auslöste, sagt EPI-Experte Robert Scott. Noch immer haben sich die Vereinigten Staaten nicht von der schlimmsten Wirtschaftskrise seit der Großen Depression in den 1930er-Jahren erholt. "Wirtschaftliches Wachstum hatten wir nur in den Niedriglohnsektoren, in Restaurants, im Einzelhandel und auf der unteren Ebene des Gesundheitswesens", sagt Scott. "Darum sind die Löhne und Einkommen während dieser Erholungsphase ins Bodenlose gesunken."

Mensch gegen Maschine

China schafft derzeit einige Arbeitsplätze in den USA, so ein Ergebnis einer Studie des Ausschusses für amerikanisch-chinesische Beziehungen und der Beraterfirma Rhodium Group. Zwischen 2000 und 2014 haben chinesische Unternehmen 46 Milliarden US-Dollar direkt in den USA investiert, hauptsächlich in den vergangenen fünf Jahren. Mit dem Geld wurden vor allem US-Firmen erworben.

Eine Maschine des US-Flugzeugherstellers Boeing hebt von einem Flugfeld ab (Foto:
Der US-Konzern Boeing plant offenbar den Bau eines neuen Werks in ChinaBild: picture-alliance/dpa/ Z. Shuai

Mit China verbundene Firmen beschäftigen inzwischen 80.000 amerikanische Arbeiter. Vor fünf Jahren waren es noch 15.000. Die US-Bundesstaaten Illinois, North Carolina, Texas und Virginia haben am meisten davon profitiert. In den Vereinigten Staaten zu produzieren sei durch die zunehmende Automatisierung wieder attraktiv geworden, sagt Siva Yam. Die Automatisierung bedeute aber, dass die vielen durch Outsourcing verlorenen Jobs auch dann nicht wiederkommen, wenn die Produktion in die USA zurückkehrt: "In der Finanzkrise haben viele Produzenten herausgefunden, dass die Tätigkeit von zehn Arbeitern auch von acht geschafft werden kann."

"Bei der Arbeiterschaft nur Verlierer"

Inzwischen steckt Chinas Wirtschaft in der Krise. Das Wachstum hat nachgelassen, der Weltmarkt reagiert verunsichert. Mit zunehmenden Kosten stehen auch chinesische Arbeiter vor dem Problem des Outsourcings. Die Hersteller die früher aus den USA in Richtung China zogen, ziehen nun weiter in Niedriglohnländer wie Kambodscha oder Vietnam.

Robert Scott stellt fest, dass die Löhne der chinesischen Arbeiter nicht angemessen gestiegen seien. Der Großteil der durch den chinesischen Handelsüberschuss erzielten Gewinne sei in den Taschen von multinationalen oder staatlichen Unternehmen gelandet, sagt der Handelsexperte. "Das ist eine Strategie, die bei der Arbeiterschaft weltweit nur Verlierer hervorbringt", sagt Scott.