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China - Segen oder Fluch für Afrika?

6. Juni 2011

Unterstützung korrupter Regimes, aggressive Schmiergeld-Politik: Die Aktivitäten Chinas in Afrika werden im Westen häufig kritisch gesehen. Doch diese Sichtweise sei einseitig und beruhe auf Mythen, sagen andere Stimmen.

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Archiv: Wandplakat in der nigerianischen Hauptstadt Lagos. Darauf steht: Lange lebe die Freundschaft zwischen China und Nigeria. Foto: AP/George Osodi
"China ist kein neuer Handelspartner Afrikas"Bild: AP

Die amerikanische Ökonomin Deborah Bräutigam beobachtet seit Jahrzehnten das Engagement Chinas auf dem schwarzen Kontinent. Dass China nun besonders in westlichen Medien als die große neue Kraft in Afrika wahrgenommen wird, beruht ihrer Meinung nach vor allem auf der Angst vor einem neuen wirtschaftlichen und auch politischen Konkurrenten. Doch wenn man sich die Zahlen nüchtern ansehe, dann sei China gar kein neuer Handelspartner für die Afrikaner, so, wie es manchmal fälschlicherweise dargestellt werde. China sei in Afrika bereits seit Beginn der 90er Jahre mit Projekten vertreten, betont Bräutigam. Seit Mitte der 90er Jahre haben führende chinesische Politiker praktisch alle Länder des Kontinents besucht.

Fördert China die Kultur der Korruption?

Archiv: Staatsbesuch des chinesischen Staatspräsident Hu Jintao am 31.01.2007 in Kamerun. Foto: AP/Xinhua, Li Xueren
Der chinesische Staatspräsident Hu Jintao besuchte Kamerun 2007Bild: AP

Oft heiße es auch in westlichen Medien, dass die Hilfe Chinas für Afrika besonders groß sei. "Aber auch dies ist ein Mythos", so die amerikanische Expertin. "Aktuell ist das Hilfsprogramm eher klein. Im Jahr 2008 war es zum Beispiel geringer als die deutsche Hilfe vor Ort."

Auch die Vorstellung, dass sich China seinen Einfluß auf Afrika durch eine besonders aggressive Schmiergeld-Politik erkauft, entspringt nach Ansicht der China-Expertin mehr einer westlichen Vorwurf- und Neidhaltung als echten Beweisen. Bei westlichen Unternehmen sei diese Art der Auftragsbeschaffung gang und gäbe. Auch den Vorwurf, der Westen wolle in Afrika helfen, während China rücksichtslos investiere und Geschäfte mache, lässt die amerikanische Ökonomin nicht gelten. China habe einfach einen anderen Blickwinkel, meint sie.

Unterschiedliche Perspektiven

Viele afrikanische Länder handeln mit chinesischen Waren wie hier in Guinea-Bissau
Viele afrikanische Länder handeln mit billigen chinesischen Waren wie hier in Guinea-BissauBild: AP

Natürlich könne man heute die Augen vor den vielfältigen Aktivitäten Chinas in Afrika nicht verschließen, sagt der Journalist Andrew Mwenda aus Uganda. Allein in der aktuellen Libyen-Krise habe China über 30.000 eigene Arbeiter und Ingenieure aus der Gefahrenregion evakuieren müssen. Nur sei China deshalb noch längst nicht der einzige wichtige Partner für Afrika, betont auch Mwenda.

China ergänze Afrikas Bemühungen zur Entwicklung, doch auch Europa und die USA treiben Handel mit Afrika. Der Unterschied zwischen China und den westlichen Ländern sei, dass die Chinesen wesentlich achtsamer und aufmerksamer seien und sich nicht all zu sehr in die Lebensart des Landes einmischen, so der Journalist aus Uganda. "Wenn die Europäer in mein Land kommen, reisen sie mit sehr viel Gepäck und vielen Ideen, was dort anders werden soll: wie gründet man eine Familie, wie nutzt man ein Kondom, wie baut man ein Haus. Das ist sehr belastend, denn Afrika hat eben eine ganz andere Struktur."

"Es geht doch meist um Interessen"

Archiv: Das Gipfeltreffen China-Afrika fand zum ersten Mal im Oktober 2006 in Peking statt. Foto: AP/Greg Baker)
Auch wenn es schwer ist, die Interessen von 53 Ländern zu bündeln: "Afrika sollte Investoren gegenüber mit einer Stimme sprechen"Bild: AP

Der ehemalige Außenminister Senegals, Cheikh Tidiane Gadio, möchte sich über Chinas Engagement in seinem Land nicht beklagen, zumindest nicht, wenn er es mit den westlichen Hilfen für Afrika vergleicht. Für ihn sind die Vorwürfe des Westens, China würde keine demokratischen und guten Regierungen unterstützen und selbst mit den schlimmsten Regimen Geschäfte machen, lächerlich: "Man muss sich nur an die 60er, 70er, 80er Jahre erinnern. Die besten Freunde des Westens in Afrika hießen Mobutu, Idi Amin, Bokassa. Alle drei sind die schlimmsten Diktatoren. Es geht doch meist um Interessenwahrung", so Gadio. Der Westen greife jetzt aktuell in Libyen ein, aber nicht in der Elfenbeinküste. „Der Unterschied liegt darin, dass libysche Zivilisten nach Öl riechen, und die der Elfenbeinküste nur nach Kakao“, beklagt der afrikanische Politiker sarkastisch.

Aber ob nun die USA, Westeuropa oder China, für den afrikanischen Politiker liegt die Zukunft vor allem darin, dass sein Kontinent endlich gegenüber den starken Investoren Einigkeit zeigt, um künftig auf gleicher Augenhöhe und mit einer Stimme mit seinen Partnern verhandeln zu können.

Autor: Thomas Klatt
Redaktion: Dang Yuan, Ana Lehmann