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China nimmt NGOs an die Kandare

28. April 2016

Die internationalen Proteste blieben unerhört: China stellt regierungsunabhängige Organisationen künftig unter Polizeikontrolle. Büros ausländischer NGOs können jederzeit geschlossen werden. Die EU ist "tief besorgt".

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Der Saal des Nationalen Volkskongresses in Peking, China (Foto:dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/S.Shaver

China legt Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) aus dem Ausland an die kurze Leine. Fast einstimmig verabschiedete der zuständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses einen Gesetzesentwurf, welcher der Polizei umfangreiche Rechte einräumt, NGOs aus dem Ausland zu überwachen.

Rechtsunsicherheit als Instrument zur NGO-Kontrolle

Das Gesetz soll im kommenden Januar in Kraft treten. Demnach ist die Polizei fortan dafür zuständig, die Zulassung der NGOs zu bewilligen, wie es in einer Erklärung des Ausschusses heißt. Die Polizei darf umgekehrt Zulassungen auch wieder entziehen, wenn eine Organisation dem "nationalen Interesse schadet" oder die "Interessen der Gesellschaft bedroht". Auch Gruppen, die mutmaßlich "separatistisch" agieren oder Staatsorgane unterlaufen, können geschlossen werden, ebenso wie solche, die schlicht "Gerüchte verbreiten".

Weitere Auflagen sind, dass NGOs künftig bei der Regierung jährlich Rechenschaft über ihre Arbeit und ihre Finanzsituation ablegen müssen. Die Reichweite des Gesetzes erstreckt sich ebenfalls auf NGOs in Hongkong und Taiwan.

Kritik aus der EU und Deutschland

Westliche Diplomaten und ausländische Experten protestierten gegen das "drakonische Gesetz", das die Kooperation mit dem Ausland gefährde und die soziale Arbeit unabhängiger Gruppen unter Generalverdacht stelle. Kritik kam unter anderem von der EU. Der EU-Botschafter in Peking, Hans Dietmar Schweisgut, äußerte in einem Schreiben, die EU sei "tief besorgt" angesichts des Entwurfs. Sollte es keine "ernsthafte Revision" der Vorlage geben, seien mögliche negative Auswirkungen auf Kontakte, akademische Austausche und Handelsaktivitäten bis in die Tiefen "unserer bilateralen Beziehungen" zu befürchten.

Delegierten des Nationalen Volkskongresses in China applaudieren (Foto: rtr)
Die Volkskongress-Delegierten in China geben der Polizei weitreichende Befugnisse zur Kontrolle über ausländische NGOsBild: Reuters/J. Lee

Die deutsche Bundesregierung befürchtet, dass das Gesetz die Aktivitäten deutscher Parteienstiftungen und rund 200 anderer, in China tätiger deutscher NGOs beeinträchtigen könnte. Schon im Vorfeld hat Berlin gewarnt, dass mit dem Gesetz die Kooperation zwischen Deutschland und China aufs Spiel gesetzt werde. Auf höchster Ebene wurde mehrmals interveniert - durch Kanzlerin Angela Merkel und zuletzt durch Bundespräsident Joachim Gauck im März in Peking.

Vielfache NGO-Kritik in Chinas staatlichen Medien

Der China-Experte der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, William Nee, sagte, das "abschreckende neue Gesetz sein ein "aggressiver Versuch", die Zivilgesellschaft abzuwürgen. "Es stellt eine unmittelbare Bedrohung für die rechtmäßige Arbeit unabhängiger Organisationen dar", so Nee.

In China sind schätzungsweise insgesamt rund 7000 regierungsunabhängigen Organisationen aus dem Ausland aktiv, sowie Universitätsableger und Handelskammern. In Chinas staatlichen Medien waren in den vergangenen Jahren immer häufiger Vorwürfe zu lesen, dass ausländische Organisationen die nationale Sicherheit untergrüben und aktiv gegen die kommunistische Führung agierten.

cw/uh (dpa, afp)