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Cheneys Lufthoheit

Daniel Scheschkewitz 1. Dezember 2005

Erst kürzlich brachte US-Vizepräsident Cheney das Weiße Haus in Schwierigkeiten, als sein Stabschef "Scooter" Libby wegen Meineids und Irreführung der Justiz angeklagt wurde. Jetzt sorgt der Chef selbst für Ärger.

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Daniel Scheschkewitz

Dick Cheney, so sagen viele Insider in Washington, ist der eigentliche Boss im Weißen Haus. Er steckt Präsident Bush intellektuell locker in die Westentasche und muss sich politisch kaum zurückhalten, weil er aufgrund seines Alters wohl kaum selbst noch einmal für ein politisches Amt kandidieren wird. Aber Cheney eckt auch immer wieder an - politisch, weil er der Scharfmacher im so genannten Krieg gegen den Terror ist und privat, weil er sich nicht scheut, Dinge für sich in Anspruch zu nehmen, die sonst als verpönt gelten. Da vertritt Cheney den Präsidenten schon mal bei der Beerdigung eines prominenten ausländischen Staatsoberhauptes ohne Hut, dafür aber mit Parker und in Cowboystiefeln. Wen schert's? Schließlich bestimmt der zweitmächtigste Mann der USA selbst, was er wo zu welchem Anlass trägt.

In dieser Woche gab es wieder Streit um Cheney. Diesmal protestierte die "Vereinigung der Piloten privater Kleinflugzeuge". Cheney hatte dafür gesorgt, dass der Luftraum über seinem neuen Anwesen in St. Michaels im Bundesstaat Maryland für den Flugverkehr gesperrt wurde, ganz nach alter Washingtoner Gewohnheit, wo seit den Terroranschlägen des 11. Septembers 2001 der Flugverkehr über Teilen der Hauptstadt stark eingeschränkt ist. Nun ist St. Michaels zwar nicht gerade Washington. Das ruhige Provinznest liegt gut anderthalb Fahrstunden außerhalb der Hauptstadt an der reizenden, wenn auch ökologisch stark verseuchten Chesapeake Bay. Das Anwesen an der lauschigen Bucht haben die Cheneys gerade neu bezogen. Und just seit dem 22. November haben die Behörden ein vorübergehendes Flugverbot auf unbestimmte Zeit verhängt, schließlich kennt das Sicherheitsbedürfnis der "Bushies", wie wir wissen, kaum Grenzen.

Doch Dick Cheney hatte nicht mit dem Unmut und dem Einfluss der amerikanischen Privatflieger gerechnet. Wer Geld hat und etwas auf sich hält, fährt in den USA nicht etwa einen SUV oder Mercedes. Jedenfalls, nicht nur. Er oder Sie besitzt ein Flugzeug - schließlich will man als gestresster Manager nicht auch noch in der kostbaren Freizeit im Dauerstau stehen. Im Flugverbot über Cheneys Privathaus sehen die Privatflieger eine exzessive Ausnutzung von Sonderprivilegien. Denn nun müssen sie St. Michaels umständlich umfliegen, was die Luxusresidenz für viele der wohlhabenden Besucher ein gehöriges Maß unattraktiver macht.

Ihre Minimalforderung lautet: das Flugverbot auf die Zeiten zu begrenzen an denen die Cheneys wirklich in St. Michaels residieren. Schließlich hat der zweite Mann Amerikas noch ein paar andere Wohnsitze. Der offizielle Amtssitz des Vizepräsidenten liegt am "Naval Observatory" in Washington D.C und dient ihm als Empfangsstätte für Staatsgäste aus aller Welt. Natürlich verfügt Cheney auch über ein Büro im Weißen Haus selbst. Und über eine mehrere Millionen schwere Farm in den Rocky Mountains im Bundesstaat Wyoming, wohin er auch schon mal einflussreiche Lobbyisten zu Jagdwochenenden einlädt. Auf das Jahr verteilt dürften sich die Cheneys wohl kaum mehr als ein paar Wochen in St. Michaels aufhalten. Das Flugverbot soll trotzdem bleiben und wer es bricht, der wird von einem Militärjet zum Boden eskortiert oder im schlimmsten Falle gleich abgeschossen. Der Krieg gegen den Terror macht auch an der Chesapeake Bucht nicht Halt.